Merkel fordert konsequentere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber

Paderborn. Kanzlerin Angela Merkel hat eine konsequentere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber gefordert. &bdquo;Wir brauchen jedenfalls eine nationale Kraftanstrengung zur Rückführung derer, die abgelehnt wurden", sagte die CDU-Vorsitzende am Samstag in Paderborn vor ihrem Parteinachwuchs beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU). Ein Hin- und Herschieben der Verantwortung zwischen Bund und Ländern bringe nichts, weil die Bürger schlicht Ergebnisse sehen wollten. Die Kanzlerin wurde am Samstagvormittag mit großem Applaus in der ehemaligen Bullenhalle des Paderborner Schützenhofes empfangen. Paderborns Bürgermeister Michael Dreier begrüßte sie - und stellte ihr beim Gang zur Bühne noch schnell seine Mutter vor - dann empfing auch schon JU-Chef Paul Ziemiak die Kanzlerin mit den Worten: "Ich freue mich, dass Sie eingetroffen sind." Die Drehbühne war in tief blaues Licht getaucht, rund herum flimmerten handliche Bildschirme mit Landeswappen, auf größeren Monitoren liefen ausgewählte Jubel-Tweets zum Schlagwort &bdquo;#DLT16". &bdquo;Toll arrangiert", lobte Merkel. &bdquo;Sieht nach Zukunft aus." Die Kanzlerin war gut vorbereitet und gut aufgelegt an diesem Tag. "Sie haben geliefert, Frau Kanzlerin. Die Zahlen sind heute anders. Wir als JU sind dankbar", fasste Ziemiak zusammen. Der Deutschlandtag sei ein guter Ort, um über die Zukunft zu sprechen, über Inhalte, aber auch über Personelles. In ihrer Rede forderte Merkel, dass für Menschen ohne Bleiberecht gelten muss, dass wir &bdquo;diejenigen auch wieder zurückführen müssen". Das habe Deutschland früher, als die Asylbewerberzahlen noch viel niedriger waren als im Jahr 2015, &bdquo;nicht konsequent gemacht". Bei den im Vorjahr knapp 900.000 nach Deutschland gekommenen Flüchtlingen - überwiegend aus Syrien - gebe es eine Anerkennungsquote von 60 Prozent. Diesen Menschen müsse Deutschland &bdquo;ein Angebot machen, offen und neugierig sein - aber auch fordern. Fördern und Fordern!", betonte die Kanzlerin. Wenige Tage nach ihrer Reise durch drei afrikanische Länder ging Merkel erneut auf die Situation des Nachbarkontinents ein. Dort gebe es in kurzer Zeit eine Verdoppelung der Bevölkerung. Daher müsse Deutschland &bdquo;Entwicklungshilfe so machen, dass Entwicklungschancen auch im privaten Bereich entstehen". Denn wenn dort alle jungen Menschen für alle globalen Informationen &bdquo;ein Smartphone haben, aber keine Entwicklungschancen, dann hat nicht nur Deutschland ein Problem - dann hat die Welt ein Problem", so Merkel. Mit einem Geschenk, eine Pfauenfeder als Zeichen für den heiligen Liborius, bedankte sich JU-Bundesvorsitzender Ziemiak schließlich bei der Kanzlerin. Zu Tina Turners "Simply the Best" verließ Merkel die Halle und Paderborn. Die Demonstrationen Vor der Halle kam es während Merkels Rede zu einer angeblich spontanen Gegendemo. Mit Reichsflaggen und Hetzparolen hatten 15 Rechtsradikale gegen Merkels Auftritt protestiert. &bdquo;Volksverräter in den Knast" und &bdquo;Merkel verhaften" war vor dem Tagungsort auf großen Plakaten zu lesen. Die Polizei, die sowieso mit einer Hundertschaft vor Ort ist, beobachtete das Geschehen, es blieb aber friedlich. Auch die in der Paderborner Innenstadt angemeldeten Versammlungen der AfD und der Gegendemonstranten verliefen laut Polizei friedlich. Gegen 11 Uhr versammelten sich am Hauptbahnhof die Teilnehmer eines Demonstrationszuges, der ab 11.30 Uhr in Richtung Innenstadt zog und mit knapp 400 Teilnehmern zu einer Kundgebung am Kamp stieß. Dort hatten sich bis dahin etwa 100 Teilnehmer versammelt. Auf dem Rathausplatz nahmen ab 11.30 Uhr 250 Personen an der Kundgebung der AfD teil. Die Anzahl der Teilnehmer der Veranstaltung am Marienplatz, die bereits gegen 12.40 Uhr endete, lag bei etwa 100. Gegen 13.40 Uhr wurden die Kundgebungen kurz nacheinander beendet. Die Zahl der Gegendemonstranten gegen die AfD-Kundgebung bezifferte die Polizei mit 600. Auf der Autobahn 33 fand sich an einer Brücke auf Höhe von Paderborn-Sennelager ein Transparent mit einem entsprechendem Spruch. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer zu Besuch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer heizte bei seinem Besuch die Bierzeltatmosphäre im Schützenhof an. Die Schwesterparteien CDU und CSU hat in den vergangenen Monaten vieles getrennt. Nach Merkels Rede stehen sie im Saal fast geschlossen auf – bis auf die JU Bayern, die erst ihre Fahne schwenkt, als CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer auftritt. Zu tief sitzen das &bdquo;Vor und Zurück" der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik: &bdquo;Wir sind in einer angespannten Situation", raunt der Vorsitzende Hans Reichhart. In einer Sache ist man sich jedoch einig: &bdquo;Mit aller Macht" sollten CDU und CSU ein rot-rot-grünes Bündnis bei der Bundestagswahl in knapp einem Jahr verhindern. So ruft es Scheuer in den Saal, &bdquo;das muss uns zusammenschweißen".In einer &bdquo;Zeit der Stimmungen", wie Scheuer in Anlehnung an Merkels Modewort &bdquo;postfaktisch" konstatiert, würden politische Fakten oft überlagert. Er greift die Geschichtsvergessenen an: jene Handvoll Neonazis vor dem Schützenhof, die &bdquo;Merkel in den Knast" stecken wollen. Er empfiehlt eine &bdquo;klare Kante gegen politische Extremisten, Islamisten, Terroristen". Scheuer schlägt &bdquo;Einwanderungsbegrenzungsgesetz" vorGleichzeitig liefert der CSU-Generalsekretär Linken in der Innenstadt zusätzliche Argumente für ihren allgemeinen Protest gegen &bdquo;rechts", als er mit grobschlächtigem Parolen die überschwappende Bierzeltatmosphäre anheizt: Es gehöre zu den Zielen seiner Partei, dass &bdquo;nach großen Integrationsanstrengungen Deutschland Deutschland bleibt". Es gelte, der &bdquo;Vollkasko-Mentalität von Wirtschaftsmigranten, die hier keinen Schutzgrund haben", ein Ende zu setzen. Seiner CSU schwebe ein &bdquo;Einwanderungsbegrenzungsgesetz" vor. Junge Union lehnt Mitgliederbefragung zur Obergrenzen-Debatte ab Vor dem Besuch der Kanzlerin Angela Merkel hatte die Parteijugend einen Vorstoß aus der CSU nach einer Flüchtlingsobergrenze abgelehnt. Ein Antrag des Landesverbandes Bayern, die CDU zu einer Mitgliederabstimmung in der umstrittenen Frage zu drängen, fand bei dem Treffen in Paderborn am Samstagmorgen keine Mehrheit. Forderungen nach zügigeren Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern, einem Vollverschleierungs-Verbot sowie nach Euro-Jobs für Flüchtlinge, die noch keinen festen Job haben, setzen sich aber durch. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte am Freitag seinen Auftritt beim dreitägigen Treffen in Paderborn aufgrund der langwierigen Bund-Länder-Finanzverhandlungen abgesagt. Es hieß, er würde es nicht mehr nach Paderborn schaffen. Die bis tief in die Nacht dauernden Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich hatten seinen Zeitplan durcheinandergebracht; er war in Berlin gefragt. Auch der österreichische Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte seinen für Sonntag geplanten Redebeitrag aus Termingründen ab. Man hofft nun auf eine Videozuschaltung. JU-Chef Ziemiak zum Auftakt des Deutschlandtages Zum Auftakt des Deutschlandtages hatte der JU-Bundesvorsitzende Paul Ziemiak am Freitag &bdquo;kontroverse Diskussionen" angekündigt. Vor dem Hintergrund seiner jüngsten Frontalangriffe auf die eigene Große Koalition klingt das nach einer krassen Untertreibung. Ziemiak ist unzufrieden – mit der Wirtschaftspolitik, der Vorbereitung der Bundespräsidentenwahl (&bdquo;Wir brauchen einen Kandidaten, der über Parteigrenzen hinaus Zustimmung findet"), vor allem jedoch mit der Rentenpolitik der Koalition. In diesen Tagen höre er regelmäßig wohltätige Vorschläge. Wenig habe er indes dazu gehört, &bdquo;wer das am Ende bezahlt". Mit einer Ausnahme: höhere Rentenbeiträge, das sei der einzige Vorschlag zur Finanzierung. Das allerdings sei mit der Jungen Union, mit der jungen Generation insgesamt, nicht zu machen, sagt Ziemiak. Er stellt &bdquo;eine Paderborner Erklärung" in Aussicht, außerdem verlangt der JU-Chef ein &bdquo;Moratorium". Ihm schwebt eine Generalrevision des Rentensystems vor, eine große Rentenreform, sagt Ziemiak. Von Merkel erwartet er, dass sie &bdquo;ihre Jugendorganisation begeistert". Die JU hat ihr Tagungsprogramm auf ein weites Themenfeld ausgedehnt: Vom Megathema &bdquo;Industrie 4.0" und der angeschlossenen Forderung nach mehr Geld für den Ausbau des Breitbandnetzes sowie einer höheren Sensibilität für Datensicherheit über die innere Sicherheit und die Flüchtlingskrise bis zur Stimmung bei den Unionsparteien. Es seien &bdquo;keine einfachen Zeiten zwischen CDU und CSU", sagt Ziemiak. Aus seiner Sicht sei es &bdquo;überhaupt nicht vorstellbar, dass wir getrennten Wahlkampf führen". Auch zu einem anderen Thema will sich die JU dezidiert äußern. &bdquo;Wir müssen überlegen, ob wir nicht eine gemeinsame Sicherheitsbehörde in Deutschland schaffen", sagt Ziemiak. Bundesverfassungsschutz und Bundesanwaltschaft gehörten unter ein Dach. Mit einem Durchbruch rechnet Ziemiak bei einer Angelegenheit, die in der Jungen Union bislang nicht unbedingt als zentral wahrgenommen worden ist: die Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe. Ziemiak jedenfalls zeigt sich zuversichtlich, als er sagt: &bdquo;Ich glaube, dass wir das zum ersten Mal annehmen werden." Gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen JU-Landesvorsitzenden Florian Braun erhöht der JU-Chef außerdem den Druck in der K-Frage: &bdquo;Man sollte sich nicht zu viel Zeit lassen mit der Kanzlerkandidatur." Er wird am Abend mit 85 Prozent der Stimmen als Bundesvorsitzender bestätigt.

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