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Drei von vier Bäumen in NRW-Wäldern sind krank

Heimische Arten leiden unter Klimawandel / Waldzustandserhebung gestartet

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Blick in einen Wald: Dem Wald in Nordrhein-Westfalen geht es von Jahr zu Jahr schlechter. Die Folgen des Klimawandels lassen sich an den Bäumen ablesen. | © dpa

Blick in einen Wald: Dem Wald in Nordrhein-Westfalen geht es von Jahr zu Jahr schlechter. Die Folgen des Klimawandels lassen sich an den Bäumen ablesen. | © dpa

23.07.2015 | 23.07.2015, 13:00

Bielefeld. Der Klimawandel rückt Fichte, Buche, Eiche in Nordrhein-Westfalen aufs Holz. Es sind die typischen Baumarten, die aus der Region nicht wegzudenken sind, denen trockene Sommer und neu zugezogene Schädlinge besonders zusetzen. Inzwischen ist nur noch jeder vierte Baum im Bundesland gesund. Die Wälder in Ostwestfalen-Lippe stehen etwas besser da.

Die negativen Folgen des Klimawandels sind am NRW-Wald bereits deutlich abzulesen. "Besorgniserregend" nennt Horst Becker, Parlamentarischer Staatssekretär im NRW-Ministerium für Klimaschutz, die Entwicklung der Waldwerte in den vergangenen Jahren. "Wir haben heute mehr als dreimal so viele Bäume mit starken Schäden als zu Beginn unserer Aufzeichnungen vor 30 Jahren." Seit den 80ern überprüfen spezielle Forstleute im Auftrag des Landes jährlich die Waldgesundheit. Gerade hat die aktuelle Erhebung begonnen.

Hauptproblem für die Bäume seien die immer trockeneren Sommermonate, sagt Lutz Falkenried vom Landesbetrieb Wald und Holz, Leiter der Zustandserhebung. "Tendenziell nimmt die Niederschlagssumme ab, und die Abstände zwischen den Mastjahren werden immer kürzer." Mastjahre sind die Jahre, in denen die Bäume besonders viele Samen produzieren. Normal sei das bei Eichen und Buchen etwa alle drei bis vier Jahre, erklärt Michael Blaschke, Sprecher bei Wald und Holz. "Heute passiert das dagegen alle zwei Jahre. Das ist eine Stressreaktion, die die Bäume weiter schwächt."

Zudem halten mit den sich ändernden Wetterverhältnissen fremde Schädlinge Einzug in NRW-Wälder. Ein russisches Roulette für die Waldschützer. "Wir wissen nicht, was kommt", sagt Blaschke. Gerade sei er in Vlotho gewesen, wo ein ganzer Hang alter Buchen kahlgeschlagen werden musste. "Die sahen von außen kerngesund aus, grün und brachen plötzlich ohne Vorwarnung auseinander." Der Grund: eine neuartige Buchen-Komplexkrankheit, ausgelöst durch zu viel Sonneneinstrahlung und Trockenheit.

Doch es gibt auch Erfolge. In den 80ern schädigte vor allem saurer Regen die Bestände. Der sei inzwischen kaum noch ein Faktor, so Blaschke. "Aber diesen positiven Effekt sehen wir im Wald nicht, weil der Klimawandel direkt neue Probleme geschaffen hat." Dessen Folgen seien langfristiger.

"Wir wollen und werden hier gegensteuern", verspricht Staatssekretär Becker. Der Landesbetrieb Wald und Holz setzt auf waldbauliche Maßnahmen. "So sind Mischwälder, in denen verschiedene Baumarten vorkommen, weniger anfällig", sagt Blaschke. Die Buche könne darin gut vorkommen. Der Fichte könnte der Klimawandel dagegen den Garaus machen.

Wald und Waldwirtschaft müssen mit dem Klima arbeiten, sagen Waldexperten und sagt auch Beatrix Boekstegers, Vorsitzende der Bezirksgruppe Lippe des Waldbauernverbands. Anpassungen seien notwendig. "Dafür brauchen wir flexible Rahmenbedingungen und müssen klimaresistente Arten anpflanzen dürfen."

Doch auch heimische Arten wie Eichen und Buchen werde es weiter geben, sagt Blaschke. Vor allem in Ostwestfalen-Lippe. "Wir haben hier noch sehr gesunde Baumbestände und die schönsten Buchenwälder von ganz NRW."

Information

Privater Wald

Wald bedeckt 27 Prozent der Fläche von NRW, mehr als 900.000 Hektar.

64 Prozent des Waldes sind in Privathand, 20 Prozent gehören Kreisen, Städten, Verbänden, 13 Prozent sind in Landesbesitz, 3 Prozent im Besitz des Bundes.

In Ostwestfalen-Lippe bedecken Wälder eine Fläche von rund 145.000 Hektar, der Großteil ist in Privathand.

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