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Bielefeld

Fehlalarm, und nun? Wer für den Schaden haftet, wenn es nicht brennt

Durch die gestiegene Anzahl an Rauchmeldern in den Haushalten kommt es auch vermehrt zu Fehlalarmen. Doch was tut die Feuerwehr, wenn es piept und niemand zuhause ist?

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Feuerwehrkräfte auf einem Dach in Bielefeld. | © Archivfoto: Reimar Ott

Feuerwehrkräfte auf einem Dach in Bielefeld. | © Archivfoto: Reimar Ott

18.11.2018 | 18.11.2018, 08:18

Bielefeld. In Sachsen-Anhalt sind die Feuerwehrleute genervt: 20 Mal am Tag rücken die Feuerwehren im Bundesland aus, ohne das es irgendwo brennt. In Ostwestfalen-Lippe kommen ebenfalls mehr Fehlalarme vor, doch die Feuerwehrleute sind alles andere als genervt und haben nur wenig Verständnis für die Kollegen aus Sachsen-Anhalt.

„Im Kreis Paderborn gibt es keine 20 Fehlalarme am Tag. In den letzten acht Monaten war es im Schnitt einer pro Woche. Selbst wenn nur jeder 10. Alarm ein Realeinsatz ist, lohnt es sich", sagt Marc Hammerstein, Leiter der Leitstelle der Feuerwehr Paderborn. Sein Kollege Rudolf Reiling vom vorbeugenden Brandschutz stimmt ihm zu: „Ich kenne auch keinen Feuerwehrmann, der darüber ernsthaft genervt ist. Die Dinger sind da, um Leben zu retten."

Weniger als 50 Prozent Fehlalarme in Bielefeld

Und das tun sie sehr effektiv, wie Peter Palsbröker, Leiter der Feuerwehrleitstelle Bielefeld, berichtet. „Bis zum 31. Oktober hatten wir dieses Jahr bereits 177 Einsätze mit privaten Heimrauchmeldern. Weniger als 50 Prozent davon waren wirkliche Fehlalarme", sagt Palsbröker und erzählt, dass auch in Bielefeld kein Kollege genervt sei: „Alle wissen, dass da etwas hintersteckt und die Geräte uns ganz effektiv dabei helfen Personenschäden zu verhindern."

Das sagt auch Hans-Jürgen Sippel, Brandschutzingenieur der Leitstelle in Höxter. Im Kreis gäbe es zudem gar keinen bemerkenswerten Anstieg an Fehlalarmen. Schließlich läge es in der Sache selbst, dass bei mehr vorhandenen Rauchmeldern auch häufiger mal ein Fehlalarm dabei sei. Anders als bei Brandmeldeanlagen, wie sie in öffentlichen Gebäuden oder Hotels angebracht sind, lösen die Heimrauchmelder nicht von allein aus. „Im Regelfall sind es Nachbarn, die das Signal vernehmen und die Feuerwehr anrufen. Sie können nicht feststellen, ob es eine korrekte Auslösung des Melders oder eine leere Batterie ist.

Nachbarn können nicht einschätzen, ob die Lage ernst ist

Auch die Feuerwehrleute müssen das erst erkunden", erklärt Sippel und hat einen Tipp: „Mit Langzeitgeräten hat man nicht das Problem der leeren Batterie." Insgesamt 24 Einsätze mit dem Stichwort Heimrauchmelder verzeichnet die Leitstelle Höxter bislang im Jahr 2018 – etwa 60 Prozent davon waren Fehlalarme. „Das Problem ergibt sich eher, wenn die Mieter nicht da sind", sagt Sippel.

Denn oft können die Einsatzkräfte auch durch die geschlossene Tür nicht feststellen, ob der Alarm kein tatsächlicher war und müssen sich Zugang zur Wohnung verschaffen. Wie das dann abläuft, erklärt Frank Bathe, Mitarbeiter im vorbeugenden Brandschutz der Kreisfeuerwehr Gütersloh. Dort gab es in diesem Jahr bereits 68 Einsätze wegen Heimrauchmeldern. „Wenn die Feuerwehr zu einem Einsatz alarmiert wird, ist immer die Polizei mit dabei. Ohne die dürfen wir rechtlich gesehen überhaupt keine Wohnung betreten", so Bathe. Ist vor Ort Gefahr im Verzug bricht die Feuerwehr nach Zustimmung der Polizei die Tür auf.

Feuerwehr sucht einfachsten Weg

„Aber auch nur, wenn wir nach einer ausgiebigen Erkundung keinen anderen Weg in die Wohnung gefunden haben. Das Sprichwort von der Feuerwehraxt, mit der Türen zerschlagen werden, hat keinen Bestand mehr. Wir sind dazu angehalten und versuchen auch so wenig Schaden wie möglich anzurichten." Dazu knacken die Einsatzkräfte zum Beispiel den Zylinder oder versucht statt der Haustür lieber eine kostengünstigere Scheibe zu beschädigen, um in die Wohnung zu gelangen. Denn Haustüren sind heutzutage richtig teuer und an ihnen kann sich auch die Feuerwehr unter Umständen die Zähne ausbeißen. „Not kennt kein Gebot, aber alles muss mit Augenmaß geschehen", erklärt Bathe.

Rauchmelder sollten stets an der Decke installiert werden – denn dorthin zieht der Rauch und der Brandmelder geht im Brandfall schneller los. - © DPA
Rauchmelder sollten stets an der Decke installiert werden – denn dorthin zieht der Rauch und der Brandmelder geht im Brandfall schneller los. | © DPA

Ist Gefahr im Verzug kommt natürlich auch heute noch die Axt zum Einsatz – doch das ist selten der Fall. Während die Feuerwehr die Ursache des Alarms ausfindig macht, informiert die Polizei die Eigentümer. Daraufhin wird die Tür wieder verschlossen. „Wir haben dafür zum Beispiel immer Ersatzzylinder dabei. Den Schlüssel kann sich der Eigentümer dann bei der Polizei abholen." Ein Vorteil sei an dieser Stelle, dass alle Feuerwehrleute handwerkliche Ausbildungen haben und so in der Lage sind selbst eine zerschlagene Tür so zu verschließen, das niemand unbefugtes Zutritt erhält. Doch wer haftet im Falle eines falschen Alarms für das kaputte Fenster oder die Tür?

Wer zahlt für den Schaden bei einem Fehlalarm?

„Das ist ein Versicherungsschaden. Es liegt ja keine grobe Fahrlässigkeit vor. Niemand kann durch eine verschlossene Tür wirklich ausschließen, dass der Melder korrekt ausgelöst hat", sagt Bathe. Zudem muss es nicht immer ein Feuer sein. CO2, wofür es ebenfalls Melder gibt, ist zum Beispiel geruchslos und die Melder klingen gleich.

Das ist übrigens etwas, dass tatsächlich für Verärgerung bei den Feuerwehrleuten sorgt. Die Melder sind nicht genormt und während der eine bei einer leeren Batterie alle paar Minuten ein Signal von sich gibt, tönt der nächste direkt im vollem Alarm. Aber trotzdem sind die Feuerwehren froh, dass es sie gibt. „Immerhin haben wir die letzten Jahre so dafür gekämpft, dass sie Pflicht werden", sagt Sascha Medina, Leiter der Leitstelle in Lippe. Etwa alle zwei Wochen kommt es dort zu einem Alarm. 151 waren es in den vergangenen zwei Jahren. „Es war natürlich viel Fehlalarm dabei. Aber ich weiß zum Beispiel von einem Fall, in dem der Melder ein Leben gerettet hat. Und allein dafür waren es alle Fehlalarme wert."