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Gütersloher Briten-Wohnungen sollen abgerissen werden

Bei einem nichtöffentlichen Workshop will die Verwaltung die Politiker davon überzeugen, dass der Totalabriss die bessere Lösung ist. Allerdings werden schon Bedenken laut.

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Im Quartier Thomas-Mann-Straße/Gerhart-Hauptmann-Straße geht es um die Zukunft von 53 Gebäuden, im wesentlichen Reihenhäuser und Doppelhaushälften. Die Landesgesellschaft NRW Urban hat ihren Zustand als gut eingestuft. | © Andreas Frücht

Im Quartier Thomas-Mann-Straße/Gerhart-Hauptmann-Straße geht es um die Zukunft von 53 Gebäuden, im wesentlichen Reihenhäuser und Doppelhaushälften. Die Landesgesellschaft NRW Urban hat ihren Zustand als gut eingestuft. | © Andreas Frücht

15.01.2019 | 15.01.2019, 13:51

Gütersloh. Nicht nur auf dem ehemaligen Flugplatz an der Marienfelder Straße soll Tabula rasa gemacht werden. Kahlschlag zeichnet sich auch bei der bestehenden Bausubstanz der Britenhäuser im Eigentum des Bundes ab. Nach NW-Informationen sollen sämtliche BImA-Gebäude – Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser – mit insgesamt 349 Wohneinheiten abgerissen werden. Bislang galt das nur für die Gebäude an der Parsevalstraße gegenüber dem Flugplatz.

Auf den Grundstücken ist der Bau von neuen Sozialwohnungen geplant – insgesamt rund 1.000. Weitere 1.000 Wohnungen sollen auf dem Ende dieses Jahres frei werdenden Areal der Mansergh Barracks an der Verler Straße entstehen. Je nach Größe der Einheiten böte sich somit allein hier ein Potenzial von mehreren tausend zusätzlichen Einwohnern.

Eigentlich waren andere Folgenutzungen angedacht

Allerdings entspricht die von der Verwaltung neuerdings anvisierte Abriss-/Neubaustrategie nicht der politischen Beschlusslage. In der im August vorigen Jahres per Sitzungsvorlage eingebrachten „Neuausrichtung der Wohn- und Baulandpolitik" war noch von einer unterschiedlichen Folgenutzung der Britenwohnungen die Rede. Ein Drittel der Einheiten sollte zu 1- bis 2-Zimmer-Kleinstwohnungen umgebaut und als Sozialwohnungen vermietet werden. Ein weiteres Drittel sollte über eine die Erwerbskosten vollständig kostendeckend refinanzierende Miete vermietet werden. Und das übrige Drittel war für den Weiterverkauf vorgesehen.

Erstmals sollte dieses Konzept für die 53 Häuser an der Thomas-Mann-Straße/Gerhart-Hauptmann-Straße in Sundern greifen. Stadt und BImA wollten sich eigentlich bis Mitte November 2018 auf einen Kaufpreis einigen. Doch das ist nicht geschehen. Beide Seiten lagen mit ihren Preisvorstellungen zuletzt noch deutlich auseinander. Und nun soll Stadtbaurätin Nina Herrling obendrein eine völlig neue Verhandlungsposition gegenüber der Bundesanstalt einnehmen.

Die bessere Lösung?

Davon will die Verwaltung am kommenden Freitag mit einem Workshop auch die Ratsfraktionen überzeugen. Offiziell geht es allein um den Umgang mit dem Areal Thomas-Mann-Straße. Konkret soll dem Vernehmen nach an diesem Beispiel aber exemplarisch aufgezeigt werden, dass der Abriss aller Gebäude auch für die übrigen Areale die bessere Lösung sei. Als Moderator der nichtöffentlichen Veranstaltung hat die Stadt das Berliner Büro „Cityförster" engagiert. Das Unternehmen mit den Schwerpunkten Architektur und Stadtplanung war bereits 2012 federführend an der Erstellung des „Masterplans 2020+" für die Innenstadt beteiligt.

Dass die Verwaltung von ihrer ursprünglichen Linie beim Umgang mit den BImA-Wohnungen abweichen könnte, zeichnete sich im vorigen November ab. In der modifizierten Vorlage für den Fachausschuss und den Rat war von der Drittellösung beim Thema Konversion nichts mehr zu lesen. Stattdessen: „Die qualitative Steuerung erfolgt künftig über Rahmen- und Entwicklungspläne je Quartier." Allerdings wurde das Thema von der Tagesordnung genommen.

Stadt riskiere hohes Defizit

Hintergrund des geplanten Strategiewechsels könnten finanzielle Erwägungen sein. Denn Kommunen erhalten von der BImA nur dann vergünstigte Konditionen beim Erwerb der Immobilien, wenn sie die für die Flüchtlingsunterbringung nutzen oder neue Sozialwohnungen bauen. Überdies hatte bereits vor gut einem Jahr die UWG vor dem Ankauf der Britenhäuser gewarnt. Aufgrund des hohen Sanierungsaufwands, unter anderem wegen der fehlenden Wärmedämmung, sei das wirtschaftlich nicht zu vertreten. Die Stadt riskiere ein hohes Defizit.

Freilich hatte sich die Stadtbaurätin noch vor einem Jahr gerade für das Areal Thomas-Mann-Straße stark gemacht: Das bestens erschlossene Quartier an der Sundernstraße samt schöner Baumbestände und Wegenetz verfüge über eine gute Gestaltungsqualität, die unbedingt erhalten werden solle, sagte Herrling der NW.

Ist der Zustand wirklich so schlecht?

Auch Thomas Krümpelmann, planungspolitischer Sprecher der SPD im Rat, äußerte sich „skeptisch" gegenüber einem Totalabriss. So schlecht, wie manch einer meine, sei der Zustand der Britenwohnungen in Wirklichkeit nicht. Von den Häusern in privater Hand sei bislang jedenfalls keines abgerissen worden.

Darüber hinaus ergäbe sich bei einem vollständigen Abriss ein zeitlicher Nachteil. Trotz anhaltend hohen Drucks auf dem Wohnungsmarkt könnte die Stadt in den betroffenen Quartieren erst frühestens in zwei Jahren neuen bezahlbaren Wohnraum anbieten.

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