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Gütersloh/Neuquen

"Ich hatte total Angst": Gütersloher im Ausland verhaftet und verprügelt

Der 28-jährige Fotojournalist Stefan Borghardt wollte in der Provinz Neuquen Umweltverschmutzungen durch Fracking dokumentieren. Die örtliche Polizei inhaftierte ihn

In ganz Südamerika berichteten Fernsehsender über Stefan Borghardt und seine Geschichte. | © Privat

In ganz Südamerika berichteten Fernsehsender über Stefan Borghardt und seine Geschichte. | © Privat

15.01.2019 | 15.01.2019, 18:20

Gütersloh/Neuquen. Seit Oktober des vergangenen Jahres lebt Stefan Borghardt im Rahmen eines Auslandssemesters in Argentinien. Dort dokumentiert er die Folgen des Frackings – einer Methode zur Gewinnung von Erdgas und Flüssigkeiten. Am zurückliegenden Montag, 7. Januar, brach er zu einer Recherche in die Provinz Neuquen auf und fand sich wenige Stunden später im argentinischen Gefängnis wieder.

Stefan Borghardt (vorne in der Mitte) protestierte vor dem örtlichen Rathaus der Provinz Neuquen mit Journalisten-Kollegen gegen die Willkür der örtlichen Polizei. - © Privat
Stefan Borghardt (vorne in der Mitte) protestierte vor dem örtlichen Rathaus der Provinz Neuquen mit Journalisten-Kollegen gegen die Willkür der örtlichen Polizei. | © Privat

„Kurze Zeit vorher hatte ich noch mit ihm per WhatsApp geschrieben", erinnert sich seine Mutter Margret Hellweg: „Da erzählte er mir von seinem Vorhaben, und ich sagte nur, dass er auf sich aufpassen soll." Stefan Borghardt fuhr, ausgerüstet mit seinem Mobiltelefon und Fotokameras, nach Vaca Muerta. Dort wollte er von Öl und Chemikalien verseuchten Boden und Schlamm dokumentieren. Dabei wurde er jedoch von dem Sicherheitspersonal der ansässigen Firma beobachtet.

"Sie nahmen meine Daten auf und durchforsteten mein Handy"

„Der Sicherheitsmann sagte mir, dass ich mich auf Privatgelände befinde und fuhr mich mit dem Pick-Up zum Geländeeingang", erzählt Borghardt. Dort wartete jedoch nicht die Freiheit auf den 28-Jährigen, sondern die argentinische Polizei: „Sie nahmen meine Daten auf und durchforsteten mein Handy, um Beweise für meine Arbeit zu finden."

Im örtlichen Krankenhaus musste Borghardt einen Drogentest ablegen, inzwischen hatten ihm die Polizeibeamten Handschellen angelegt: „Im Polizeirevier musste ich dann bis auf meine Klamotten alles ablegen." Zwei Kameras, vier Objektive und ein Mobiltelefon hatte Borghardt dabei. Alles wurde von der Polizei konfisziert: „Sie fragten mich sogar noch, wie viel die Kameras denn wert seien. Das hat mich direkt gewundert."

Mit einem dreckigen Besen an den Kopf

Allein blieb Borghardt in der Gefängniszelle nicht. Sieben Polizisten begleiteten ihn, schlugen und traten ihn und stießen ihn mit einem dreckigen Besen gegen den Kopf: „Sie wollten mich einfach nur einschüchtern. Ich habe total Angst bekommen, das war pure Polizeiwillkür." Zu dem Zeitpunkt wusste niemand, wo Borghardt sich aufhielt. Nach zwei Stunden kam er wieder frei, seine Kameraausrüstung bekam er jedoch nicht zurück: „Ich war erstmal froh, überhaupt wieder da raus zu sein."

Am nächsten Tag schrieb er einen Bericht für die örtliche Presse in der Provinz Neuquen, spracht mit der Journalistengewerkschaft und teilte sein Erlebnis über Facebook. Mit einem eingeschalteten Anwalt berief er eine Pressekonferenz ein, deren Echo sich wie ein Lauffeuer verbreitete: „Inzwischen hat sich die Nachricht über den Fernsehsender CNN Espanol in ganz Südamerika verbreitet."

Fast alle kennen mittlerweile seine Geschichte

Fast der ganze Kontinent kennt inzwischen die Geschichte des Gütersloher Fotojournalisten. Der Sicherheitsminister der Provinz sowie auch der Generalstaatsanwalt stellten sich auf Borghardts Seite. Inzwischen hat er auch seine Fotoausrüstung wieder: „Leider sind in diesen Ländern solche Angriffe auf Journalisten keine Seltenheit, sondern Alltag." Vorm örtlichen Rathaus protestierte der 28-Jährige mit Journalisten-Kollegen: „Wenn die Polizei so mit dir umgeht, fühlt es sich schlimm an. Aber es wäre jetzt das falsche Zeichen, aufzuhören. Ich setze meine Arbeit weiter fort."