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Werther

Ermittlungen: Den mysteriösen "Totenkopf-Mann" in Werther gibt es gar nicht

Die Nachricht verbreitete sich auf Facebook wie in Lauffeuer. Doch an den Erzählungen ist nichts dran. Es gibt weder einen Tattoo-Mann noch einen schwarzen Bulli.

In Werther und angrenzenden Kommunen soll mehrfach ein gruseliger Mann mit Totenkopf-Tattoo gesichtet worden sein. Doch die Geschichte ist frei erfunden. | © dpa (Symbolbild)

In Werther und angrenzenden Kommunen soll mehrfach ein gruseliger Mann mit Totenkopf-Tattoo gesichtet worden sein. Doch die Geschichte ist frei erfunden. | © dpa (Symbolbild)

18.12.2018 | 18.12.2018, 16:25

Werther. Ein angeblich schwarz gekleideter Mann mit Totenkopf-Tattoo versetzt Kinder und Eltern seit Wochen in Angst und Schrecken. Gleich mehrmals habe der mysteriöse Mann in Werther und angrenzenden Kommunen aus einem Bulli heraus Kinder angesprochen, heißt es in Facebook-Gruppen. Die Stimmung schaukelte sich so stark hoch, dass einige Nutzer bereits zur Gründung einer "Bürgerwehr" aufriefen.

Jetzt stellt sich heraus: Die Geschichte vom Tattoo-Mann ist frei erfunden - und verbreitete sich dennoch wie ein Lauffeuer.

"Besorgniserregende Dynamik"

In einem Fall hatte ein neunjähriges Mädchen eine beängstigende Begegnung mit einem schwarzen Auto gemeldet. Im zweiten Fall waren es zwei neun und zehn Jahre alte Mädchen, die ihren Eltern ähnliches berichteten.

Auf Facebook verbreiteten sich die Nachrichten auf "Besorgnis erregende und unsachliche Art und Weise", sagt die Polizei. Auch bei den Beamten seien mehrere Anfragen von zum Teil zutiefst verunsicherten oder panischen Eltern eingegangen, die sich größte Sorgen um ihre Kinder machten. Durch den "Stille-Post-Effekt" seien die Erzählungen immer gruseliger, bedrohlicher und gefährlicher geworden.

Die Polizei ermittelte - und fand heraus: In beiden Fällen gab es keine Begegnung mit einem mysteriösen Mann. Einen schwarzen Bulli, der in den Erzählungen der Mädchen eine Rolle gespielt haben will, gibt es ebenfalls nicht. Wenn überhaupt, handelte es sich um vollkommen harmlose Alltagssituationen ohne jeglichen Kontakt zwischen männlichen Verkehrsteilnehmern und den Kindern, heißt es von der Polizei.

Die Beamten luden die Kinder erneut vor. Dabei wurde deutlich, dass sich die Geschehnisse anders zugetragen hatten, als die Kinder es ursprünglich ihren Eltern berichtet hatten. Die drei Mädchen hatten Alltagssituationen im Straßenverkehr als Furcht einflößend interpretiert.

Tipps der Polizei

Laut Polizei kommt es immer wieder vor, dass Kinder zu Hause von ihren Erlebnissen berichten und besorgte Eltern die Schilderungen der Kinder übernehmen. Die Polizei bietet zu diesem Thema eine Telefonberatung an unter der Nummer 05241 869-0.

Außerdem haben die Beamten ein paar nützliche Alltagstipps parat:

  • Bemühen Sie sich, Ruhe zu bewahren.
  • Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es bei Ihnen in Sicherheit ist.
  • Geben Sie dem Kind die Bestätigung, dass es richtig war, sich Ihnen anzuvertrauen.
  • Glauben Sie Ihrem Kind.
  • Hören Sie der Schilderung Ihres Kindes aufmerksam zu, ohne "nachzubohren".
  • Lassen Sie Ihr Kind mit eigenen Worten berichten und legen Sie ihm keine Antworten in den Mund.
  • Machen Sie keine Vorhaltungen (... aber ich habe Dir doch hundert Mal gesagt, dass Du das nicht machen sollst ...).
  • Verständigen Sie in Akutsituationen sofort über Notruf 110 die Polizei, damit weitere Maßnahmen schnell eingeleitet werden können.
  • Informieren Sie auch dann die Polizei, wenn die Tat schon einige Stunden zurückliegt.
  • Die Polizei nimmt Ihre Schilderung immer ernst. Dazu sind detaillierte Angaben Ihres Kindes zu den Tatumständen und zur Täterbeschreibung erforderlich.
  • Erlauben Sie Ihrem Kind ausdrücklich, dass es "Nein" sagen darf, wenn ihm etwas "komisch" vorkommt, es sich unwohl fühlt oder es sich in Gefahr wähnt. Die Botschaft ist: "Keiner darf etwas von dir verlangen, was du nicht möchtest!"
  • Nehmen Sie sich Zeit, mit Ihrem Kind über seinen Tagesablauf, über seine Sorgen und Nöte zu sprechen. Täter bereiten ihre Taten oftmals vor und eine kleine Beobachtung Ihres Kindes oder ein "komisches" Gefühl könnten wichtig sein, um Vorbereitungen zu erkennen und Weiteres abzuwehren. Kinder müssen lernen, ihren Gefühlen vertrauen zu können.
  • Üben Sie mit Ihrem Kind in kleinen Rollenspielen, wie es sich verhalten kann. Es sind "Was-tue-ich-wenn"-Spiele.
  • Warnen Sie dabei nicht vor Fremden, sondern vor Taten. Kinder wissen mit dem Erwachsenen-Begriff "fremd" oftmals nichts anzufangen. Für Kinder ist schon derjenige nicht mehr fremd, der sich mit Namen vorstellt oder das Kind mit dessen Namen anspricht ("Der kennt mich doch").
  • Üben Sie mit Ihrem Kind, wie es sich in bedrohlichen Situationen verhalten soll. Es soll weglaufen, andere Erwachsene ansprechen, um Hilfe bitten oder auch laut um Hilfe schreien.
  • Ermuntern Sie Ihr Kind, um Hilfe zu bitten, wenn es Hilfe braucht.
  • Überlegen Sie mit Ihrem Kind, wo und bei wem es sich im Notfall Hilfe holen kann.
  • Ihr Kind sollte den Polizeiruf 110 kennen. Erklären Sie Ihrem Kind, dass es bei Gefahr ohne Geld und ohne Telefonkarte von jeder öffentlichen Telefonzelle und mit jedem Handy aus die Polizei rufen kann.
  • Sie sollten wissen, wo und mit wem Ihr Kind die Freizeit verbringt.
  • Legen Sie mit Ihrem Kind Wege und Orte fest, an denen es sich aufhalten darf.
  • Halten Sie Ihr Kind zur Pünktlichkeit an. Treffen Sie Absprachen! Halten Sie selbst ebenfalls getroffene Absprachen ein, denn das Kind lernt "am Modell"! Erklären Sie dem Kind, wohin Sie gehen und wann Sie zurückkehren. Ein Kind muss wissen, wo es Sie erreichen kann.
  • Nach Möglichkeit sollte Ihr Kind in Gruppen mit anderen Kindern zur Schule gehen und sich z.B. auf Spielplätzen aufhalten.
  • Legen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind fest, wer es von der Schule oder vom Kindergarten abholen darf und mit wem es mitgehen darf. Das sollten nur maximal drei bis vier vertraute Personen sein. Die Regel gilt: "Geh nur mit diesen Menschen und mit niemand sonst!"
  • Kinder sollen üben, Abstand zu Fahrzeugen zu halten, wenn sie z.B. nach dem Weg gefragt werden. Sie sollen nicht nah an ein Fahrzeug herantreten.