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SCP-Erfolgscoach Baumgart: "Wir leben einen Traum"

Der 47-Jährige hat den Aufstieg noch nicht richtig realisiert

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Kann es immer noch kaum fassen: SCP-Coach Steffen Baumgart ist bald Erstliga-Trainer. | © Marc Köppelmann

Kann es immer noch kaum fassen: SCP-Coach Steffen Baumgart ist bald Erstliga-Trainer. | © Marc Köppelmann

21.05.2019 | 21.05.2019, 15:00

Paderborn. Am 16. April 2017 übernahm Steffen Baumgart den akut abstiegsgefährdeten Drittligisten SC Paderborn. Trotz eines starken Saisonendspurts wurde der Klassenerhalt verpasst. Doch der SCP blieb in der Liga, weil 1860 München keinen Lizenzantrag stellte. Ein Jahr später führte Baumgart die Paderborner in die 2. Liga. Am vergangenen Sonntag wurde der direkte Durchmarsch in die 1. Liga perfekt gemacht. Im Interview blickt er zurück:

Herr Baumgart, wie fühlt man sich so als Erstliga-Trainer?
Steffen Baumgart:
Ich bin noch weit davon weg, das real einschätzen zu können. Das ist immer noch ein Traum. Und wir leben im Moment in diesem Traum.

Und wie war die Nacht?
Baumgart:
Ich konnte sehr gut schlafen. Und ich habe seit langem mal wieder sehr lange geschlafen.

Nach dem Spiel in Dresden haben Sie gewitzelt, dass Sie in den zwei Jahren in Paderborn enorm gealtert sein. War die Zeit wirklich so anstrengend?
Baumgart:
Erstens bin ich ja noch recht jung. Und zweitens haben wir viel Spaß. Wir reiten seit zwei Jahren auf einer Erfolgswelle. Es war daher ein positives Zehren. Vielleicht sollte ich mich mal rasieren, denn dann sieht man, dass ich darunter noch richtig jung und knackig bin.

Sehr jung ist auch ihr Team. Gibt es Spieler, die besonders große Fortschritte gemacht haben?
Baumgart:
Jeder Spieler hat sich verbessert. Selbst die Spieler, die wir ausgeliehen haben oder die meist auf der Bank saßen. Aber Philipp Klement ist schon einen besonderen Weg gegangen. Basti Schonlau steht sicherlich ein wenig exemplarisch für den gesamten Verein – er war vor zwei Jahren bereits abgeschrieben und ist nun einer der stabilsten Spieler. Torwart Leopold Zingerle hat riesige Schritte gemacht. Jamilu Collins und Mohamed Dräger sind Nationalspieler geworden. Bernard Tekpetey ist auf dem Weg dahin.

Dann ist da ein Vasiliadis mit all seiner Präsenz. Pröger, Zolinski. Ein Hünemeier hat sich im Vergleich zum Aufstieg 2014 noch einmal entwickelt. Christian Strohdiek ist als Kapitän und Mensch gewachsen. Ich könnte noch viele weitere Spieler nennen. Bei uns ist immer vom Wir die Rede. Und es ist einfach so: Wir sind das Wir.

Und wie hat sich der Trainer weiterentwickelt?
Baumgart:
Das offensive Spiel hatte der Trainer schon immer in sich. Aber wir haben viele Kleinigkeiten verbessert. Gerade Co-Trainer Daniel Scherning ist hierbei sehr wichtig, denn er hat im Spiel ein ganz anderes taktisches Auge, weil ich dann doch manchmal zu emotional bin. Dazu ein Nico Burchert oder ein Danilo Sousa. Dieses ganze Team hat sich entwickelt. Und da wären wir wieder beim Wir. Wilfried Finke hat mir 2018 gesagt, dass der damalige Zweitliga-Aufstieg der schönste seiner Amtszeit gewesen sei. Weil einfach alles gestimmt hat.

Es gab keine Querelen, keine Negativschlagzeilen. Ich hab meinen Jungs gesagt: Wenn ihr mal irgendwo seid, wo ihr es besser habt als hier, dann sagt Bescheid. Natürlich nicht, was das Geld betrifft. Aber wenn ihr irgendwo mal mehr Zusammenhalt, Ruhe oder dieses Miteinander spürt, ruft mich bitte an. Dann komme ich und schaue mir das an. Ich habe in meiner Karriere viele schöne Zeiten und viele super Truppen gehabt. Aber so wie ich hier habe ich es noch nie erlebt.

Also alles Friede, Freude, Eierkuchen?
Baumgart:
Nein, hier gibt’s keine Harmonie pur. Hier wird vieles ausdiskutiert. Und ich trete den Jungs ja manchmal nicht nur in den Arsch, sondern auch in die Eier. Ein Lukas Boeder sitzt draußen und zieht trotzdem voll mit. Das gilt auch für Marlon Ritter. Klaus Gjasula. Michael Ratajczak. Alle waren immer da, wenn sie gebraucht wurden. Das zeichnet diese ganze Mannschaft aus.

Wann ist Ihnen bewusst geworden, dass mit dieser Mannschaft in der 2. Liga sogar das ganz große Ding drin ist?
Baumgart:
Ich habe den Jungs vor dem ersten Punktspiel gesagt, dass ich aufsteigen möchte. Ob man tatsächlich auch aufsteigen kann, ist eine andere Frage. Aber es sollte ganz einfach unser Ziel sein, denn in der 2. Liga gibt’s nur zwei Möglichkeiten: Du spielst gegen den Abstieg oder um den Aufstieg. Das erste wollten wir nicht.

Also geht’s auch nächste Saison um die Meisterschaft?
Baumgart:
Nein, maximal um Platz zwei. (grinst)

Ernsthaft. Wird der SCP in der 1. Liga mithalten können?
Baumgart:
Wenn ich das Spiel in Dresden betrachte: Nein. Wenn ich unsere Auftritte gegen den HSV oder bei Union Berlin sehe: Ja. Es wird sicher eine große Herausforderung. Und auf diese Herausforderung freue ich mich am meisten. Auch ich als Trainer muss mich immer weiterentwickeln. In Dresden hatte ich beispielsweise nicht den Zugriff auf die Mannschaft wie sonst. So etwas gehört ebenfalls zum stetigen Lernprozess.

Aber schauen sie sich Fortuna Düsseldorf an. Die waren vor der Saison schon abgeschrieben. Wetten liefen. Düsseldorfs Trainer fliegt als erster. Und dann spielen die eine so fantastische Saison, und Friedhelm Funkel wird vielleicht Trainer des Jahres. Das ist doch das Schöne am Fußball: Alles ist möglich.

Und mit welcher Art von Fußball will der SCP das Unmögliche möglich machen?
Baumgart:
Wir haben dem Verein ein Gesicht gegeben. Und das bedeutet: Wir wollen nächste Saison genauso offensiv spielen wie in diesem Jahr. Ich würde gerne sehen, dass wir ein Feuerwerk nach vorne bieten. Ich habe in dieser Saison genug Erstliga-Teams gesehen, die richtig weh taten. Aber jeder, der nächstes Jahr gegen uns spielt, rechnet stets mit drei Punkten. Das ist klar.

Wie sehen die Pläne für die Sommervorbereitung aus?
Baumgart:
Wir werden jetzt sicher später einsteigen, denn die 1. Liga startet ja erst Mitte August. Ein Trainingslager ist nicht geplant. Bessere Bedingungen als in unserem TNLZ wirst du nirgends haben. Und wir wollen viele Testspiele in der Umgebung machen, damit wir uns unseren Fans präsentieren können. Ich mache jetzt erst einmal eine Woche Urlaub. Aber schon nächste Woche schaue ich sicher wieder in Paderborn vorbei. Dann geht es unter anderem um Kaderplanungen.

Und wie ist der Stand in Sachen Personalplanungen?
Baumgart:
Wir werden in der 1. Bundesliga den geringsten Etat haben. Spielern wie Klement oder Tekpetey haben wir vor ihrem Wechsel nach Paderborn gesagt: Hier gibt’s nicht das große Geld. Aber hier könnt ihr euch in den Fokus spielen. Wir wissen daher, dass der ein oder andere uns verlassen kann oder verlassen wird.

Aber wir machen uns deshalb keine Sorgen. Wir sind bei unseren Planungen schon viel weiter, als viele glauben. Wir haben mit einigen Spielern gesprochen, die gerne zu uns wollen. Es sind Spieler, die hungrig und schnell sind und sich selbst nicht so wichtig nehmen. Die wenigsten werden Bundesliga-Erfahrung haben. Aber sie haben Qualität.

Es droht allerdings auch der Abgang von Sport-Geschäftsführer Markus Krösche.
Baumgart:
Das wäre natürlich ein sehr tiefer Einschnitt. Sein Anteil an unserem Erfolg ist sehr, sehr hoch. Aber letztlich geht es auch da nicht um Kröschis Gesicht. Oder um mein Gesicht. Es geht darum, dass der Verein ein Gesicht hat. Und das ist die Art und Weise, wie wir Fußball spielen wollen. Es ist die Idee, die dahinter steckt. Und zwar hinter dem Verein. Nicht hinter einer einzelnen Person. Wenn wir für Kröschi einen Nachfolger brauchen, wird es sicher niemand sein, der eine andere Spielidee hat.

Wie haben Sie am Sonntag die Unterstützung der Fans empfunden?
Baumgart:
Die war großartig. Wir hatten eine blaue Wand in Dresden. Das war nicht immer so. Und der Empfang am Flughafen war sensationell. Alle freuen sich jetzt auf die Bundesliga. Auch die Fans. Was nächste Saison kommen wird, dürfte aber nicht nur positiv sein. Es wird auch der ein oder andere schwere Weg dabei sein. Ich hoffe, dass wir dann trotzdem diese Unterstützung bekommen. Ich weiß, dass das dem Ostwestfalen schon ein wenig schwer fällt.

Haben Sie ein Beispiel für diese ostwestfälische Lebensfreude?
Baumgart:
Nach dem Spiel in Dresden haben viele zu mir gesagt: Na ja, das war aber ganz schön knapp. Das scheint dann schon ein Ausdruck von Freude zu sein. (schmunzelt) Letztlich hat der SCP vielleicht nicht viele Fans. Aber man spürt, dass der Verein den Menschen am Herzen liegt. Auch wenn die Euphorie langsamer kommt.

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