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Missbrauchsfall

Bürgermeister von Lügde erhält Hunderte Hassmails und Drohanrufe

Heinrich Josef Reker beklagt, dass die Menschen in Lügde in Zusammenhang mit dem massenhaften Kindesmissbrauch unter Generalverdacht gestellt würden.

Lügdes Bürgermeister Heinz Reker im Interview. | © Jannik Stodiek

Lügdes Bürgermeister Heinz Reker im Interview. | © Jannik Stodiek

24.05.2019 | 24.05.2019, 11:53

Lügde. "Plötzlich war nichts mehr so, wie es war", sagt Lügdes Bürgermeister Heinz Reker über den 30. Januar 2019. Dem Tag, an dem die Öffentlichkeit zum ersten Mal von der Polizei detailliert über den Missbrauchsfall Lügde informiert wurde. Erst Wochen später wird das ganze Ausmaß deutlich - inzwischen ist klar: Mindestens 41 Kinder sind auf dem Campingplatz im beschaulichen Lügder Ortsteil Elbrinxen missbraucht worden. "Damals hat sich eine dunkle Wolke über unsere Stadt gelegt", sagt Reker heute.

Der parteilose Bürgermeister habe seitdem unzählige Hassmails und Drohungen erhalten. "Manche wünschen, mich mit den Tätern in eine Zelle zu sperren", sagt der 65-Jährige. Dies seien noch die eher harmlosen Drohungen. Besonders schlimm sei aber, dass ganz Lügde unter Generalverdacht gestellt würde. "Man darf nicht vergessen: Wir sind zwar Tatort, aber keine Täter", sagt Reker. Inzwischen verspüre man in der Stadt eine gewisse Trotzigkeit. Viele Bürger seien es leid, von Medien belagert und von Außenstehenden verurteilt zu werden.

Bürger in Lügde stehen unter einem Generalverdacht

Natürlich bestehe die Gefahr, dass Lügde auf ewig die Stadt des tausendfachen Kindesmissbrauchs bleibe. Dennoch wolle man positiv in die Zukunft blicken. Der Zusammenhalt sei spürbar, teilweise seien die Menschen sogar noch enger zusammengerückt. "Die dunkle Wolke ist schon etwas kleiner geworden", sagt Reker. Er hofft, dass sie irgendwann ganz abziehen wird.

Viele der Anrufer und Schreiber machen den Bürgermeister für die Taten mitverantwortlich. Reker werde vorgeworfen, nicht eingeschritten zu sein. "Viele wissen nicht, dass ich als Bürgermeister von Lügde nicht verantwortlich bin für das Jugendamt und die Polizei", erklärt Reker der Rheinischen Post. Einschüchtern lasse er sich von den Hassmails aber nicht: "Ich habe deswegen keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Ich will der Bürgermeister zum Anfassen bleiben."

Dabei hat sich 2013 ein Fall im benachbarten Kreis Hameln-Pyrmont (Niedersachsen) zugetragen, der vielen Amtsträgern bis heute Angst macht. Vor sechs Jahren wurde der langjährige Landrat Rüdiger Butte (SPD) in seinem Büro im Kreishaus in seinem Büro von einem Rentner erschossen. Nach Erkenntnissen der Polizei erschoss der Rentner den Landrat, weil ihm die Zwangsräumung seines Hauses drohte.