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"Game of Thrones": Das Ende, das wir verdient haben

Nach acht Jahren findet die "größte Serie aller Zeiten" ein erzählerisch würdiges Ende, das sich auch ein bisschen vor den Fans verneigt, die ihrer Geschichte so lange gefolgt sind

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Auf der ganzen Welt schauten Fans gemeinsam oder allein die letzte Folge der letzten Staffel "Game of Thrones". | © picture alliance/KEYSTONE

Auf der ganzen Welt schauten Fans gemeinsam oder allein die letzte Folge der letzten Staffel "Game of Thrones". | © picture alliance/KEYSTONE

20.05.2019 | 17.06.2022, 19:57

Warnung: Dieser Text verrät Details aus der allerletzten Folge von "Game of Thrones" - und einigen Folgen davor. Wer sich also überraschen lassen will, sollte jetzt nicht weiterlesen. Nein, im Ernst: Dann hört genau jetzt auf zu lesen.

Der Morgen danach ist ja meist der Schlimmste. Oder eben nicht. Im Falle von "Game of Thrones" wird es wohl ausreichend Advokaten beider Ansichten geben. Denn das Finale der wohl größten TV-Serie aller Zeiten (bis jetzt) wurde vielem gerecht, was Fans erwartet hatten, und enttäuschte wahrscheinlich mindestens genauso viele Erwartungen.

Und das ist, um das jetzt und hier klar zu sagen, gut so. Jeder Fan der Serie hat kein anderes Ende verdient als das, was er bekommen hat (daran ändert auch die Petition für eine Neuauflage mit besserem Drehbuch nichts, mit der sich die Fans dann doch ein bisschen zu wichtig nehmen). Dass es trotzdem Millionen Menschen gibt, die das meinen, zeigt nicht mehr und nicht weniger, als dass man eine fiktive (!) Serie eben auch ein bisschen zu sehr lieben kann. Für die Macher ist das die Schattenseite der Größe von "Game of Thrones". Aber es ist noch lange kein Grund, sie als gescheitert zu betrachten.

So, mal kurz wieder runterkommen. Denn bei aller Kritik muss man eines festhalten: Es. War. Großartig. Die Serie und die vielgescholtenen "Showrunner" D.B. Weiss und David Benioff sind sich und dem Geist der Vorlage in den wichtigsten Punkten treu geblieben. Meine größte Angst vor Beginn der letzten Staffel war, es könnte ganz am Ende auf eine banale Schlacht zwischen Gut und Böse hinauslaufen. Das tat es zum Glück nicht.

Denn was das Universum von George R.R. Martin so spannend macht, ist, dass hier nichts wichtiger ist als die Grautöne. Selten gibt es ein eindeutiges Gut oder Böse, selten sind Angelegenheiten überhaupt eindeutig. Meist sind sie kompliziert, in der Liebe wie in der Politik. Und wenn es doch mal einen vordergründig guten Charakter gibt, dann wird er schneller von der Welt verschlungen, als man "Valar morghulis" sagen kann (fragt Ned Stark).

Weil es die Welt verlangt

Deshalb konnte man sich auch nie sicher sein, was die Serie, was die Geschichte mit ihren Zuschauern als nächstes vorhatte. Bestes Beispiel aus der letzten Folge: Bis zum Schluss hielt ich es für absolut denkbar, dass der ewig zweifelnde Jon Snow seiner Liebe zu Daenerys den Vorrang über das Schicksal der Welt gibt - und sie nicht, wie von Tyrion Lannister empfohlen, tötet. Selbst der letzte Satz, den "Dany" je von ihm hören sollte, hing einen Moment unheilschwanger in der Luft: "Du bist meine Königin. Jetzt und für immer." Als würde er die Welt nicht vor ihr retten.

Und dann stach Jon doch zu. Weil es die Welt von "Game of Thrones" verlangte. Daenerys' Tod mag sich so anfühlen, als wären acht Jahre Charakterentwicklung nun für die Katz. Doch er war - zumindest nach den erzählerischen Maßstäben dieser Geschichte - viel mehr deren logisches Ende. Weil alle, die Menschen von Westeros wie wir Zuschauer, an eine Geschichte von der Heilung der Welt geglaubt haben, die jemand wie Daenerys nie hätte wahr werden lassen. Ihre tyrannischen Gedanken an Vernichtung statt Dialog im Angesicht des Widerstands hat sie schon früher nicht für sich behalten können.

Dasselbe (also das logische Ende) gilt für Jon Snow, der an die Mauer und dahinter, im Norden also, ohnehin immer am besten aufgehoben schien - und deshalb in der letzten Sequenz auch genau dorthin reitet. Auch wenn man argumentieren kann, dass er der Herkunft nach eigentlich den Thron und seine Annehmlichkeiten verdient gehabt hätte - und nicht die eisigen Weiten nördlich der Mauer.

"Was vereint die Menschen? Geschichten!"

Doch auch das ist eine Story-Entscheidung der Macher gewesen, die beim Rückblick an den Anfang der Geschichte Sinn ergibt. Königshäuser, deren Nachfolger durch die Blutlinie bestimmt wurden, wurden der Welt ständig zum Verhängnis. Man denke nur an das kleine Biest Joffrey, dessen bloße Präsenz in einer Szene Fans aggressiv machen konnte.

Umso passender also, dass kein "rechtmäßiger Thronfolger" über die nun sechs Königslande herrscht (den verdientermaßen unabhängigen Norden regiert ja - endlich - Sansa Stark), sondern einer, der mit all dem nichts am Hut zu haben schien: Bran, der Gebrochene. Er, der sich an alles erinnert, was je passiert ist und deshalb zumindest schon mal keine Fehler der Vergangenheit wiederholen dürfte, wie es zig andere Könige vor ihm taten.

Denn, wie Tyrion als Sprachrohr der Serienmacher und gewissermaßen als rhetorischen Schlussstrich unter acht Jahre des Spiels der Throne feststellte: "Was vereint die Menschen? Armeen? Gold? Banner? Eine Geschichte. Nichts auf der Welt ist stärker als eine gute Geschichte. Nichts kann sie aufhalten. Kein Feind kann sie besiegen." Was der Grund ist, warum wir Geschichten so bereitwillig erliegen. Und sie manchmal ein bisschen zu sehr lieben. Nämlich, wenn sie so groß werden, wie es "Game of Thrones" zweifellos war.