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Umweltministerin legt sich mit Mineralwasser-Herstellern an

Bundesumweltministerin Svenja Schulze will, dass die Deutschen mehr Leitungswasser trinken. Warum Carolinen, Bad Meinberger und andere das für keine gute Idee halten

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20.08.2019 | 20.08.2019, 15:04

Bielefeld. Gut gemeint ist manchmal das Gegenteil von gut gemacht. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte den Verbrauchern geraten, statt Mineralwasser lieber Leitungswasser zu trinken – und damit die Mineralbrunnen-Unternehmer auf die Palme gebracht. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Mitarbeiter", schimpft Volker Schlingmann, Sprecher der Geschäftsführung der Staatlich Bad Meinberger Mineralbrunnen GmbH & Co. KG.

Als „nicht angemessen" empfinde er das Agieren der Ministerin, offenbar habe sie die Unternehmen und ihre Mitarbeiter aus dem Blick verloren. „Wenn wir in allem der Sichtweise unserer Ministerin folgten, dürften wir keine Milch trinken, kein Bier, keinen Wein, dann müssten wir auf alle verpackten Lebensmittel verzichten." Auch Bad Meinberger habe Ressourcen-Effektivität und Nachhaltigkeit im Blick, sagt Schlingmann. „Wir sind ja nicht blind". Sein Unternehmen nutze ausschließlich Mehrweg-Flaschen.

Förderung von 1,3 Millionen Euro

„Wer Leitungswasser trinkt, spart Geld, Energie und unnötige Verpackungen", hatte die Ministerin zuvor erklärt. Trinkwasserbrunnen seien eine „gesunde und umweltfreundliche Alternative zu den vielen Einweg-Wasserflaschen, die die Leute täglich mit sich herum tragen." Das Ministerium fördert die Leitungs-Wasser-Initiative mit 1,3 Millionen Euro. Unterstützt wird damit ein Verein, der sogenannte Trinkorte propagiert, wie es sie bereits in Berlin, in der Nähe von München, in Marburg, Karlsruhe, Neuruppin und in Chemnitz gibt. Auch am Ammersee, in Mühlheim an der Ruhr, Gelsenkirchen, Erfurt und im Landkreis Peine sollen Wasserquartiere entstehen. „Wer kein Flaschenwasser kauft, spart eigene Transportwege und Transporte durch ganz Deutschland oder Europa, oft mit dem Lkw", sagt Wasserexperte Hans-Jürgen Grummt vom Umweltbundesamt.

"Die Kirche im Dorf lassen"

Das sieht Maik Ramforth-Wüllner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Mineralquellen Wüllner GmbH & Co. KG, ganz anders. Niemand sei gezwungen, Mineralwasser aus Österreich oder gar Italien zu ordern. „Carolinen", das Wüllner-Wasser, werde höchstens im Umkreis von rund 120 Kilometern geliefert. „Es gibt genügend regionale Möglichkeiten." Ramforth-Wüllner weist zudem auf die Rücklaufquote von 98 Prozent bei den PET-Flaschen hin. In Richtung der Ministerin mahnt er: „Da sollten wir mal die Kirche im Dorf lassen."

Das Mehrweg- und Pfandsystem leiste einen aktiven Beitrag zu Umweltschutz. „Hier wäre Schützenhilfe für die Mineralbrunnen statt staatlicher Bevormundung geboten", sagt Karl Tack, Chef des Verbands Deutscher Mineralbrunnen. Dass Leitungswasser dieselbe Qualität wie Mineralwasser haben könnte, will Ramforth-Wüllner auch nicht so stehen lassen. „Beim Leitungswasser brauchen wir rund 90 Chemikalien, um es so aufzubereiten, dass es trinkbar ist", sagt er.

Das wiederum wollen die Wasserwerke nicht auf sich beruhen lassen. Birgit Jahnke, Sprecherin der Stadtwerke Bielefeld, versichert, das Bielefelder Leitungswasser sei Grundwasser und dieses - mit dem auch Gütersloh versorgt werde -  werde keinesfalls mit Chemikalien behandelt. Und schon gar nicht mit einer langen Liste von 90 Chemikalien. Lediglich ein Anteil von 14 Prozent des Wassers  werde mit Calciumcarbonat, mit Kalkstein aus der Eifel, behandelt. Und auch das sei wohl kaum eine Chemikalie.  Zwar gebe es eine Liste des Umweltbundesamts, welche Stoffe erlaubt seien, aber "kein Wasserversorger verwendet mehr als drei dieser Stoffe". Leitungswasser sei so streng überwacht, es würden so häufig Proben genommen, dass jeder Verbraucher das Wasser bedenkenlos trinken könne.


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