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Berlin

Hitzesommer: Amseln sterben an tödlichem Virus

Usutu hat sich inzwischen in ganz Deutschland verbreitet. Kranke und tote Vögel sollen gemeldet werden

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Die Amsel ist an dem Usutu-Virus erkrankt. | © dpa

Die Amsel ist an dem Usutu-Virus erkrankt. | © dpa

20.08.2019 | 20.08.2019, 14:06

Berlin. Das massive Amselsterben des Hitzesommers 2018 wiederholt sich. Auch in diesem Jahr nimmt das durch das tropische Usutu-Virus ausgelöste Vogelsterben im Laufe des Augusts an Fahrt auf. NABU und Tropenmediziner bitten die Bevölkerung, kranke oder verendete Tiere zu melden und möglichst zur Untersuchung einzusenden.

Seit Jahresbeginn bis zum 12. August wurden dem NABU deutschlandweit bereits über 1.300 Verdachtsfälle gemeldet, die fast 9.000 kranke oder tote Vögel betrafen. Das Veterinäruntersuchungsamt OWL in Detmold hat dagegen in diesem Jahr noch keinen Fall in Ostwestfalen-Lippe registriert. Beim bisher stärksten Auftreten der Usutu-Epidemie im vergangenen Jahr waren es bundesweit im gleichen Zeitraum lediglich 800 Meldungen gewesen.

Der Virus wird durch Stechmücken übertragen

Seit dem erstmaligen Auftreten dieses Vogelsterbens im Jahr 2011 breitet sich das von Stechmücken auf Vögel übertragene Usutu-Virus zunehmend in Deutschland aus. Waren in den ersten Jahren nur wärmebegünstigte Regionen entlang des Rheintals und am Untermain betroffen, konnte seit 2016 eine Ausbreitung über Nordrhein-Westfalen nach Norden und vor allem im Hitzejahr 2018 eine Ausbreitung in die nördlichen und östlichen Landesteile festgestellt werden.

Im Sommer 2018 wurden erstmals Usutu-Infektionen für Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Bayern nachgewiesen. NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann: "Damit ist kein deutsches Bundesland mehr Usutu-frei. Nur aus höher gelegenen Mittelgebirgsregionen werden bisher noch keine toten Vögel gemeldet."

Höhepunkt des Vogelsterbens in den kommenden Wochen

Den Höhepunkt des Vogelsterbens erwarten Vogelkundler und Virologen in den kommenden Wochen, denn die meisten Usutu-Fälle treten im August und September auf. Im Jahr 2018 entfielen 93 Prozent der insgesamt fast 13.500 Meldungen auf diese beiden Monate. "Der trocken-heiße Sommer 2018 war offensichtlich günstig für die Ausbreitung des wärmebedürftigen Usutu-Virus, auch wenn die Zahl der Mücken als potentielle Überträger aufgrund der Trockenheit allgemein eher gering war", so Dr. Renke Lühken vom Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin.

2019 ist genauso heiß, dabei aber deutlich feuchter und mückenreicher als das Vorjahr. Lühken: "Daher könnte die diesjährige Usutu-Saison noch stärker ausfallen."

Die Viren können auch die menschliche Gesundheit beeinträchtigen

Alle im Labor eingesandten toten Vögel werden neben dem Usutu- auch auf das West-Nil-Virus getestet, das im vergangenen Jahr erstmals in Deutschland in Vögeln und Pferden nachgewiesen wurde. "Beide Viren können in seltenen Fällen auch die menschliche Gesundheit beeinträchtigen", so Lühken.

Die Vogelschützer des NABU interessieren vor allem die Auswirkungen der neuen Vogelkrankheit auf die Bestände von Deutschlands häufigstem Vogel, der Amsel. Dazu vergleichen sie die Informationen über die Verbreitung des Virus mit den Ergebnissen der großen NABU-Gartenvogelzählung, der "Stunde der Gartenvögel".

Die Infektionen können nicht behandelt werden

Eine erste Auswertung hatte gezeigt, dass die Amselzahlen in von Usutu betroffenen Gebieten stärker zurückgegangen waren als im übrigen Deutschland. Bisher ist jedoch noch völlig unklar, ob sich betroffene Bestände wieder vollständig erholen können, dauerhaft reduziert bleiben oder gar immer weiter abnehmen werden.

Lachmann: "Leider kann man Usutu-Infektionen weder verhindern noch behandeln. Der NABU appelliert daher an Vogelfreunde, zumindest dafür zu sorgen, dass Amseln und andere Gartenvögel in naturnahen Gärten gute Lebensbedingungen vorfinden, um die Verluste durch die neue Vogelkrankheit durch guten Bruterfolg wieder ausgleichen." Zudem ruft der Nabu auf seiner Webseite dazu auf, ihnen kranke oder tote Vögel zu melden.

Information

Usutu-Virus auch auf Menschen übertragbar

Eine Übertragung des Virus auf den Menschen nur durch Kontakt mit einem toten oder kranken Vogel ist laut Landesbund für Vogelschutz (LBV)  kaum möglich. Das Usutu-Virus kann demnach aber grundsätzlich über Stechmücken auch auf den Menschen übertragen werden und Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge und - als gefährliche Komplikation - auch Gehirnentzündungen (Enzephalitiden) auslösen.

Das Risiko einer Erkrankung sei aber sehr gering. Dabei verweist der LBV auf eine Studie in der Region Emilia-Romagna in Italien: Dort  wurden zwar bei rund 6 Prozent der Bevölkerung Antikörper gegen das Virus nachgewiesen, aber Personen mit einem gesunden Immunsystem scheinen die Infektion in der Regel ohne klinische Symptome zu bewältigen.

Bislang sind weltweit erst ein Dutzend Fälle bekannt, in denen Menschen tatsächlich durch das Usutu-Virus erkrankt sind. Mehrere davon waren auch noch nachweislich Risikopatienten mit geschwächten Abwehrkräften.