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Neuer Aufbruch zum Mond

50 Jahre Mondlandung: Seit 1972 hat kein Mensch mehr einen Fuß auf den Mond gesetzt. Jetzt kommt wieder Bewegung in die Mondpläne

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„Ein großer Schritt": Neil Armstrong hinterließ die ersten Fußabdrücke auf dem Mond. Fotos gibt es aber fast nur vom zweiten Mann Buzz Aldrin. Dazu gehört auch dieses ikonische Bild. Foto: dpa | © Dpa

„Ein großer Schritt": Neil Armstrong hinterließ die ersten Fußabdrücke auf dem Mond. Fotos gibt es aber fast nur vom zweiten Mann Buzz Aldrin. Dazu gehört auch dieses ikonische Bild. Foto: dpa | © Dpa

20.07.2019 | 20.07.2019, 12:49

Bielefeld. Ein Tag in naher Zukunft, sagen wir 2024. Die Deutschen haben die Wahl: Schaue ich das EM-Finale oder die Schritte der ersten Astronautin auf dem Mond? 43 Prozent würden sich nach einer Umfrage für das Spektakel auf dem Erdtrabanten entscheiden, 38 Prozent würden Fußball wählen. Mondfieber sieht anders aus.

Aber vielleicht lassen sich die Deutschen ja noch anstecken. Von Matthias Maurer zum Beispiel. Der 49-jährige deutsche Materialwissenschaftler ist Astronaut der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und in der Warteschleife für einen Trip ins All – zur Internationalen Raumstation ISS, vielleicht auch zum Mond.

Bereitet sich auf eine Mondlandung vor: Der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer im Trainingscenter in Köln.  - © picture alliance / imageBROKER
Bereitet sich auf eine Mondlandung vor: Der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer im Trainingscenter in Köln.  | © picture alliance / imageBROKER

Die USA wären ein bewährter Partner, Maurer lernt aber auch Russisch und Chinesisch. Auf Twitter gewährt der „Explornaut", wie er sich nennt, Einblicke in seinen Astronauten-Alltag auf Erden.

Seit 1972 hat kein Mensch mehr den Mond betreten, doch jetzt planen mehrere Nationen bemannte und unbemannte Mondmissionen, teilweise im Alleingang, teilweise gemeinsam. Die USA, Russland, China und Europa sind am Start, aber auch Israel, Indien, Japan und Südkorea.

Auf dem Mond liegen wertvolle Rohstoffe

Zudem drängen Unternehmer ins All. Die erste rein privat finanzierte Mission, die der Milliardär Morris Kahn auf den Weg gebracht hatte, misslang im April: Die israelische Raumsonde Beresheet zerschellte auf dem Mond.

Auch Indiens Weltraumträume sind in dieser Woche vorerst geplatzt. Der Start einer Sonde wurde abgebrochen. Am 22. Juli nimmt Indien einen neuen Anlauf. Es wäre die erste Mondlandemission Indiens. Forschung, Prestige und Profit sind die Motive für den Ansturm auf den Mond.

Die erste Mondlandung war das Ergebnis eines Duells zweier Supermächte, eine Demonstration politischer Macht und technischen Könnens. Diesmal spielt auch der wirtschaftliche Nutzen eine Rolle. Auf dem Mond liegen wertvolle Rohstoffe.

Den Wettlauf liefern sich die USA und China. Seit Januar zuckelt der zweite chinesische „Jadehase", ein Rover, über den Mond – erstmalig auf der erdabgewandten Seite. China zeigt, dass es ehrgeizig genug ist, der führenden Weltraumnation USA den Rang ablaufen zu wollen und will bis 2030 Menschen auf den Mond bringen. US-Präsident Donald Trump macht Druck.

Im Frühjahr wurde der Zeitplan gekippt. Nicht 2028, sondern schon 2024 sollen zwei US-Astronauten wieder zum Mond. Die Rückkehr soll zugleich eine Premiere sein: Die erste Frau soll den Mond betreten. Die Mission heißt Artemis. Die Rückkehr zum Mond würde sich auch gut machen als krönender Abschluss von Trumps zweiter Amtsperiode, sollte er denn 2020 wiedergewählt werden.

Der Mond ist Testgelände und Sprungbrett zum Mars

Ihr Image als Pioniere, die furchtlos auf unbekanntes Terrain vorstoßen, wollen die Amerikaner verteidigen. „Amerikanische Führung und strategische Präsenz etablieren" stellt die NASA in einem Strategiepapier an oberste Stelle. Internationale Partner und Unternehmen sind herzlich eingeladen. Auch bei den Amerikanern sitzt das Geld nicht mehr so locker wie vor 50 Jahren. Vorherrschaft heißt auch, den nächsten Schritt vorzugeben. „Dieses Mal werden wir nicht nur unsere Flagge aufstellen und Fußspuren hinterlassen. Wir werden die Grundlagen für eine zukünftige Marsmission schaffen", hatte Trump 2017 angekündigt.

Dafür müssen Wege gefunden werden, die Ressourcen des Mondes zu nutzen. Vor zehn Jahren gelang der Beweis, dass es an den Polen riesige Wassereis-Vorräte gibt. Das machte den Erdbegleiter wieder interessant. Daraus lassen sich Atemluft und Treibstoff erzeugen – wichtige Voraussetzung für Mondstationen, aber auch für den Weiterflug zum Mars. Auch am 3-D-Druck mit Mondgestein wird geforscht.

Die NASA plant einen internationalen „Umsteigebahnhof", genannt Gateway, der um den Mond kreist. Von dort aus sollen Sonden, Roboter und Menschen auf die Mondoberfläche, später auch zum Mars starten. Bereits im Bau ist das Raumschiff Orion, das Astronauten zum Gateway bringt.

"Das ist für uns eine große Sache"

Unterhalb der Kapsel für die Besatzung sitzt das Service-Modul mit dem Triebwerk, Solarsegeln, Treibstoff, Sauerstoff und Wasservorräten. Gebaut wurde es bei Airbus in Bremen. Für die Bundesregierung ist dieses Service-Modul der zentrale deutsche Beitrag bei der Rückkehr der Menschheit zum Mond. „Das ist für uns eine große Sache, weil wir zum allerersten Mal in der Geschichte der NASA eine missionskritische Komponente liefern", sagt Thomas Jarzombek (CDU), Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt.

Zu der wachsenden Zahl an Unternehmen, die an den Mond als Geschäftsmodell glauben, gehört auch das Berliner Weltraum-Start-up PTScientists. Die Firma arbeitet an einem Landemodul und einem Rover. Jetzt ist dem Team das Geld ausgegangen, doch es setzt die Arbeit fort und hofft auf Geldgeber.

Mehrheit der Deutschen ist kritisch

Auch die NASA (Budget 2020: 19 Milliarden Euro) braucht grünes Licht vom Kongress für zusätzliche 1,4 Milliarden Euro, um das beschleunigte Artemis-Programm anzuschieben. Im November will die ESA-Ministerratskonferenz klären, wie sich Europa künftig im All engagieren will (ESA-Budget 2019: 5,7 Milliarden Euro).

Laut der Umfrage von YouGov sind nur 29 Prozent der Menschen in Deutschland der Ansicht, dass weiter Geld in die bemannte Raumfahrt gesteckt werden sollte. Die Hälfte der Befragten sähe die für bemannte Raumfahrt bereitgestellten Mittel lieber in andere Projekte aus Forschung, Umweltschutz oder auch Entwicklungshilfe investiert.

"Deutschland sollte in der ersten Weltraumliga mitspielen"

„Deutschland als Technologieführer kann und sollte es sich leisten, weiter in der ersten Weltraumliga mitzuspielen", meint Astronaut Matthias Maurer. Das werde zwar mehr kosten als bisher, "ist aber die richtige Investition für unsere Zukunft".

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Der Mond

Der Erdtrabant ist rund 400.000 Kilometer von der Erde entfernt. Er entstand vor rund 4,5 Milliarden Jahren, als ein riesiger Himmelskörper in die noch junge Erde einschlug und das Material herausschleuderte, aus dem sich schließlich der Erdtrabant bildete. Der Mond birgt noch viele Geheimnisse. Auf ihm könnten sich Hinweise zur Entstehung des Lebens auf der Erde finden. Übrigens wird der Mond langsam kleiner, weil er bei seiner Entstehung deutlich heißer war und nach und nach auskühlt. Wie bei einer Weintraube, die zur Rosine wird, entstehen Falten in der Oberfläche. Das Schrumpfen führt zu Erdbeben – diese hatten schon die Astronauten der Apollo-Missionen gemessen.