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Lügde

Nach Kritik am Lügde-Urteil: Experte erklärt die Gerichtsentscheidung

Der Direktor des Instituts für Kriminalwissenschaften an der Universität Münster hält die Entscheidung für nachvollziehbar

Objektiv geprüft: Michael Heghmanns hat das erste Lügde-Urteil bewertet, das in der Kritik steht. | © Wolfgang Rudolf

Objektiv geprüft: Michael Heghmanns hat das erste Lügde-Urteil bewertet, das in der Kritik steht. | © Wolfgang Rudolf

19.07.2019 | 19.07.2019, 21:35

Detmold. Als objektiver Beobachter hält Michael Heghmanns, Direktor des Instituts für Kriminalwissenschaften an der Universität Münster, das Urteil des Detmolder Landgerichts gegen Heiko V. für nachvollziehbar. „Die Kammer hatte so viele strafmildernde Umstände vorliegen, darauf muss sie reagieren", sagt Heghmanns.

Das Gesetz lege zwar nicht exakt fest, wie viel geringer eine Strafe nach beispielsweise einem Geständnis ausfallen soll. Jedoch müsse das Gericht die individuelle Rolle des Angeklagten und sein Auftreten miteinbeziehen. „Man muss genau hinschauen. Es geht um viele Faktoren, die das Gesamtbild ausmachen", sagt der Rechtsexperte.

"In so einer langen Zeit können sich Menschen weiterentwickeln"

Die Anstiftung zum sexuellen Missbrauch liege zudem acht Jahre zurück, in denen sich Heiko V. keine vergleichbar schweren Taten habe zu Schulden kommen lassen. „In so einer langen Zeit können sich Menschen weiterentwickeln." Nicht umsonst sehe der Gesetzgeber eine Verjährungsfrist vor.

Darüber hinaus sei der 49-Jährige nicht ungeschoren davongekommen. „Er saß sieben Monate in Haft und muss eine Therapie machen." Wäre das Verfahren gegen Heiko V. außerhalb des Lügde-Komplexes verhandelt worden, wäre der 49-Jährige außerdem nicht diesem enormen medialen Interesse ausgeliefert gewesen. „Auch das muss die Kammer berücksichtigen."

Strafe sei nicht zu gering

Der bloße Besitz von Kinderpornografie, die sich Heiko V. über Jahre heruntergeladen hatte, wäre nicht so hart bestraft worden. „Die Herstellung ist ein ganz anderes Kaliber als der bloße Konsum", sagt Heghmanns. Für zu gering halte der Jurist das vorgesehene Strafmaß für Kindesmissbrauch nicht. „Mit ein bis 15 Jahren sind die Möglichkeiten gegeben."