25 Beschäftigte nehmen Milliardenbeträge ein

Bünde. Von außen wirkt es wie eine der vielen prachtvollen Altbauvillen in Bünde. Dieses rote Klinkerhaus mit den auffälligen weißen Fensterumrandungen und dem großen Turm an der Ecke Wasserbreite/Bismarckstraße. Was von außen nicht unbedingt ersichtlich wird: Dort werden jährlich etwa 14 Milliarden Euro eingenommen. Dort ist das Zollamt für Tabaksteuer und Steuerzeichen - das Einzige in ganz Deutschland. Wer das Haus betritt, wird im Foyer an einen Hochsicherheitstrakt erinnert: Türklingel mit Gegensprechanlage, Kameraüberwachung, Eintritt nur mit Besucherausweis und per Abholung durch einen Beschäftigten. Am Empfang, abgetrennt durch ein Glas vom restlichen Vorraum, tragen sich Besucher mit Vor- und Nachnamen und ihrer Ankunftszeit in eine Liste ein. Rechts daneben steht ein alter Holztisch. Er erinnert an vergangene Zeiten, in denen die Tabakindustrie noch keine Milliarden von Euro an Umsätzen generierte. An solch einem Tisch wurde früher der Tabak eingewickelt - zu Hause und mit bloßer Hand, Zigarre für Zigarre. Die Tür neben dem Empfang öffnet sich, ein Mitarbeiter grüßt freundlich. Er geht vor, es geht in den ersten Stock - vorbei an mehreren Büros. Das Zimmer von Günter Diddens, dem Leiter des Zollamts, liegt hinten rechts. Im Schrank hinter seinem Schreibtisch sind unzählige Aktenordner, in einem Fach stehen Zigarettenpackungen von verschiedenen großen Marken nebeneinander. Nur 25 Beschäftigte "Wir erheben hier deutschlandweit die Tabaksteuer und geben die Tabaksteuerzeichen aus", erklärt Diddens. Ein großer Anteil des Bundeshaushalts werde in Bünde eingenommen. 350 Milliarden Euro an Tabaksteuern kamen insgesamt über die Jahre zusammen. "Und das mit nur 25 Leuten, die hier arbeiten", betont der Ahler nicht ohne stolz. Diddens - kurzes graues Haar, Schnäuzer, kariertes Hemd - ist ein alter Hase im Geschäft. Seit etwa 30 Jahren ist er schon im Bünder Zollamt tätig, hat schon einige Entwicklungen miterlebt. Ganz früher hatten viele Kommunen ihr eigenes Zollamt - und jedes nahm selbst die Tabaksteuer ein. "Das war eine wichtige Einnahmequellen für die Gemeinden", sagt Diddens. Ab 1975 waren drei Zentralstellen für die Tabaksteuer verantwortlich - in Berlin, Schwetzingen (bei Heidelberg) und eben Bünde. Doch warum war gerade Bünde dabei? So richtig kann es Diddens auch nicht erklären. "Das haben wohl Organisationsuntersuchungen so ergeben." Doch damit nicht genug der Zentralisierung: Ab 1993 war das Bünder Zollamt - oder besser gesagt die Zentrale Steuerzeichenstelle - allein für die Tabaksteuer zuständig. "Einer der Hauptgründe, der für Bünde gesprochen hat, war wohl das Fachwissen der Angestellten. Die Leute sind hier mit Tabak groß geworden." System wie bei Briefmarken Die Hauptaufgabe der Bünder seitdem: die Ausgabe von Steuerzeichen und Prüfung der Tabaksteuer. Wer Zigaretten, Zigarren, Dreh- oder Pfeifentabak in Deutschland verkaufen will, muss zuvor ein Steuerzeichen-Schild beim Zollamt in Bünde erwerben. "Neue Hersteller melden sich erst beim Hauptzollamt, dem wir zugeordnet sind, an. Wurde alles geprüft, bekommen sie eine Kundennummer und können Steuerzeichen erwerben", erklärt Diddens. Das System ähnelt dem der Briefmarken: Im Voraus kaufen die Unternehmen die gewünschte Anzahl an Steuerzeichen. Diese werden dann auf der Verpackung versehen. "Das ist dann der Beweis, dass Tabaksteuern bezahlt wurden." Die Schwierigkeit: Preisunterschiede gibt es von 20 Cent bis zu 15 Euro - jede Tabaksorte wird anders besteuert. "Man kann sich diese kleinteilige Stückelung gar nicht vorstellen." Für jede Preisklasse gibt es eine eigene Banderole. Gedruckt werden die Steuerzeichen in der Bundesdruckerei in Berlin - und von dort nach Bünde geliefert. Lagern dann alle druckfrischen Steuerzeichen hier an der Wasserbreite? "Nein", sagt Diddens und lächelt. "Hier sind nur etwa 200 bis 300 Millionen." Aus dem Bünder Lager erhalten nur "kleinere" Hersteller ihr Steuerzeichen. Bei den Großunternehmen besitzt der Zoll einen eigenen Raum im Betrieb, in dem die Steuerzeichen lagern. "Diese große Anzahl könnten wir hier gar nicht unterbringen", sagt Diddens. Die Abrechnung erfolge dann trotzdem über das Bünder Zollamt. Diddens und seine Mitarbeiter haben in den kommenden Tagen viel zu tun. Haufenweise Pakete sind angekommen, lagern jetzt in den Büros und im Konferenzzimmer. Der Inhalt: verschiedene Tabakwaren - von Drehtabak bis hin zu Pfeifentabak für Shisha. Die Tabakwaren müssen alle geprüft werden, um sie richtig besteuern zu können. Tägliche Fuhren Über den Flur und durch das kahle Treppenhaus geht's zum Hinterausgang. Im Hinterhof ist just ein Lkw angekommen. Diddens grüßt, der Lkw-Fahrer nickt zurück. Man kennt sich. Nahezu jeden Tag werden Fuhren von Steuerzeichen angeliefert - und wiederum ausgehändigt. Im Nebenraum ist Nico Schürstedt hochkonzentriert. Er sucht an der Ausgabe die passenden Zigarren-Steuerzeichen aus dem Ablagefach raus. Hier lagern kleinere Mengen für viele verschiedene Preisklassen. Und sind schnell griffbereit, falls ein Hersteller eine kleinere Anzahl benötigt. Ein paar Treppen runter geht's in einen Tresorraum: Hinter der dicken Tresortür stehen Regale, der Raum ist wohltemperiert. "Damit die Bögen nicht zusammenkleben", sagt Diddens. In einem Umschlag sind 500 Bögen oder 40.000 Stück. Insgesamt liegen hier mehrere Millionen an Steuerzeichen - alle sortiert und in die Regale eingeordnet. Von diesem roten Klinkerhaus an der Wasserbereite werden sie nach ganz Deutschland, teilweise nach Übersee, verschickt. Und das täglich.

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