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Butjadingen/Lübbecke

Hilferufe aus dem Wattenmeer - Lübbecker reagiert sofort

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Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger rettete den Vater und seine zwei Söhne vor der Flut. | © Pixabay

Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger rettete den Vater und seine zwei Söhne vor der Flut. | © Pixabay

15.07.2018 | 15.07.2018, 19:14

Butjadingen/Lübbecke. Beim spätabendlichen Spaziergang auf einem Nordseedeich hören der Lübbecker Nico Nowak und seine Freunde Hilferufe aus dem im Dunkeln liegenden Wattenmeer. Umgehend wählen sie den Notruf und geben wichtige Informationen durch. Bei der anschließenden Suchaktion werden schließlich ein Vater und seine zwei Kinder aus der auflaufenden Flut gerettet, ihnen stand das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals.

Seit 20 Jahren fährt der Lübbecker regelmäßig nach Fedderwardersiel. In diesem Jahr ist er schon zum dritten Mal an der Küste. Erlebt hat er so etwas noch nicht. "Das war total surreal", sagt der 24-Jährige.

Denn beim abendlichen Spaziergang am Strand nahmen er und seine Freunde bereits Geräusche wahr.  "Anfangs dachten wir, es sind Kinder, die spielen", sagte der 24-Jährige. Das passiere dort öfter, da man auf einem Steg ein Stück hinausgehen kann. Doch beim zweiten Hinhören merken sie, es sind zwar Kinderstimmen, doch sie rufen verzweifelt nach Hilfe aus Richtung Wattenmeer. Sehen konnten sie nichts: "Es war schon dunkel."

Nowak zögert nicht und wählt den Notruf. Der Feuerwehr gibt er mit Hilfe von Google-Maps auch seine Koordinaten am Strand von Fedderwardersiel. Denn Nowak ist mit einigen Ersthelfern befreundet und kennt aus ihren Erzählungen die Gefahr im Watt.

Großeinsatz zur Menschenrettung

Die Positionsangabe ist ein wichtiger Anhaltspunkt für die ebenfalls alarmierten Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), die mit ihrem Boot ausliefen. Aus der Luft unterstützte ein Hubschrauber die Suchaktion. So viele Einsatzkräfte habe er noch nie an jenem Strand gesehen, berichtet Nowak, der seit Kindertagen Urlaub an der Nordsee macht.

Durch die Flut war die Lage besonders brenzlig, denn die damit einhergehenden Strömungen sind kaum abschätzbar und eventuell schwimmende oder treibende Personen schwer zu finden sind. Durch die Positionsangabe des Lübbecker Paares an Land hatten die Seenotretter aber zumindest einen Anhaltspunkt für ihr Suchgebiet.

Helikopter konnte nicht landen

Die Besatzung des Helikopters wurde schnell fündig, in ihrem Suchscheinwerfer tauchten ein Mann und zwei Jungen auf. Im Watt landen konnte er trotzdem nicht. Aus einem Gespräch mit dem Kapitän vom Schiff der Seenotrettung weiß Nowak: "Der Heli konnte nicht landen. Durch den Druck der Rotorblätter hat er den Mann und seine Kinder nach unten gedrückt."

So wurde das Boot der Seenotretter zu den Personen gelotst. Beim Eintreffen dieser Helfer stand dem Vater das Wasser bereits bis zum Hals, seine Söhne klammerten sich an ihn. Die Retter zogen alle drei Personen sofort an Bord.

Die DGzRS-Männer berichten von einer äußerst knappen Rettung, wenige Minuten später hätten sie bereits ertrinken können. "Im Flutstrom hätte der Mann sich keine fünf Minuten länger halten können", heißt es in der Meldung der Seenotretter. Der 39-jährige Mann und seine neun und fünfzehn Jahre alten Söhne wurden im Hafen an Sanitäter übergeben. Die Geretteten wurden wegen Entkräftung behandelt und standen unter Schock.

Ohne ortskundige Führer droht im Watt Lebensgefahr

Ursächlich für den Großeinsatz war wohl eine unbedachte Wanderung des Trios in das bei Ebbe freiliegende Watt. Dabei waren sie wohl von der Flut überrascht worden und kamen nicht mehr zurück ans Festland. "So etwas ist unverantwortlich", gibt die Polizei Butjadingen Auskunft. "Wattwanderungen sollte man nur in Begleitung ortskundiger Wattführer machen, wer dies nicht tut, der kann schnell in Lebensgefahr geraten", verweisen die Beamten. Auch Nowak kann nur mit dem Kopf schütteln. "Das ist wirklich saugefährlich. Schon als Kind wusste ich das. Durch befreundete Ersthelfer weiß ich, dass es ständig solche Vorfälle gibt - obwohl man es immer wieder liest."

Er selbst hat so eine Situation noch nie erlebt und ist froh, dass die Rettung glimpflich ausging. Als Held sieht er sich trotzdem nicht. "Es waren auch einige Menschen am Strand, die auch angerufen hätten. Ich war eben der Erste", so Nowak.

Für ihn steht am Sonntagnachmittag die Rückreise in die heimatlichen Gefilde an.