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Mehr als 60 Missbrauchsopfer im Erzbistum Paderborn

Von 2011 bis Ende 2015 hat das Erzbistum 352.000 Euro an anerkannte Betroffene gezahlt

Kirche im Zwielicht: Eine umfangreiche Studie beweist massiven Missbrauch über Jahrzehnte hinweg. | © Pixabay (Symbolbild)

Kirche im Zwielicht: Eine umfangreiche Studie beweist massiven Missbrauch über Jahrzehnte hinweg. | © Pixabay (Symbolbild)

18.09.2018 | 19.09.2018, 12:03

Paderborn. Die jüngste Studie zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche löst bundesweit Debatten aus. Auch wenn das Paderborner Erzbistum sich erst am 25. September offiziell äußern will, gibt es Zahlen und Fakten, die schon seit Jahren bekannt sind.So hat das Erzbistum zwischen März 2011 und Dezember 2015 rund 352.000 Euro an Entschädigungen überwiesen.

„Materielle Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde": So lautet der bürokratische Name für die Entschädigungssummen, die Betroffenen von sexuellen Übergriffen in der katholischen Kirche gezahlt werden. Aktuellere Zahlen gibt es derzeit nicht, weil sich das Erzbistum erst nächsten Dienstag zu den Ergebnissen der umfangreichen Missbrauchsstudie äußern will. Diese belegt ersten Vorabberichten zufolge 3.677 Opfer sexueller Übergriffe in Deutschland. Sie waren demnach überwiegend männliche Minderjährige.

105 Anträge gestellt

Auch im Erzbistum Paderborn waren zwei Drittel der Antragsteller Männer. Bis Ende 2015 waren 105 Anträge gestellt worden. 62 davon wurden der Zentralen Koordinierungsstelle in Bonn vorgelegt, 60 Opfer erkannte die Kommission an, zwei wurden abgelehnt, gab das Erzbistum damals bekannt.

Die Entschädigungssummen schwankten zwischen 1.000 und 8.000 Euro. Damit setzte sich das Erzbistum über die Deutsche Bischofskonferenz hinweg, die „materielle Anerkennungen" bis 5.000 Euro empfohlen hatte. Mit durchschnittlich 5.800 Euro lag Paderborn im Mittelfeld. 43 gestellte Anträge hatten nicht anerkannt werden können, weil der Missbrauch offenkundig in Heimen und Kliniken nichtkirchlicher Träger geschehen sei oder weil die Zuständigkeit bei unabhängigen Orden lag, hieß es damals vom Erzbistum.

Um Kinder und Jugendliche besser vor Missbrauch zu schützen, hat das Erzbistum Paderborn 2011 eine Präventionsordnung erlassen und mehr als 9.000 Verantwortliche in kirchlichen Einrichtungen geschult.

2002: "Einige wenige Fälle"

Die ersten „wenigen Fälle" von Kindesmissbrauch im Erzbistum hatte im Juni 2002 der damalige Generalvikar Bruno Kresing eingeräumt. Damit widersprach er indirekt deutlich der Darstellung Peter Klasvogts, dem Regens des Priesterseminars. Der hatte zuvor erklärt: „Mir persönlich ist kein Fall von Pädophilie im Erzbistum begegnet, und ich kann es mir auch bei keinem unserer Priester vorstellen." Kirchenintern soll diese Darstellung erhebliche Kritik ausgelöst haben, zumal die Bistumshauptstadt in den Jahren zuvor mit mehreren solcher Fälle Schlagzeilen gemacht hatte.

Einen Monat später äußerte sich auch Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt erstmals öffentlich zum sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester. Er sprach von damals „sechs sicheren Fällen" in den zurückliegenden 30 Jahren. Es sei jedoch geboten, "die Beine Beine auf der Erde zu belassen". Denn gemessen an den rund 1.300 Priestern sei diese Zahl eher gering, sagte er beim Paderborner Schützenfrühstück wenige Tage vor seinem plötzlichen Tod. „Dennoch ist jeder Fall einer zuviel, vor allem wenn man an die Opfer und ihr lebenslanges Leiden denkt", betonte der Kardinal damals.