Impfzentrum-Chef wehrt sich gegen Vorwürfe - fällt die Impfpriorisierung bald?

Kreis Höxter. Es ist ein Satz, der den mehr als 100.000 noch nicht geimpften Menschen im Kreis Höxter Hoffnung machen dürfte. &bdquo;Ich gehe davon aus, dass die Impfpriorisierung in drei bis vier Wochen fällt", sagte am Montag der ärztliche Leiter des Impfzentrums, Dr. Jens Grothues, gegenüber nw.de. Die Begründung für diese optimistische Prognose fußt nicht nur auf den angekündigten Impfstoffmengen, sondern auch auf dem organisatorischen Aufwand. &bdquo;Es wird zunehmend aufwendiger, die Einhaltung der Priorisierung zu kontrollieren", erklärt der Mediziner. Wie genau die Impfungen ablaufen, und wie die Bürger dann zu ihren Terminen kommen, wenn die vorgegebene Reihenfolge komplett wegfällt, ist aber noch offen. Schon aktuell habe das Impfzentrum immer größere Schwierigkeiten mit Menschen, die nicht zu ihrem Impfterminen kommen, ohne vorher abzusagen. Teilweise, weil sie von ihren Hausärzten geimpft wurden. Allein am vergangenen Freitag seien so 40 Termine ausgefallen. Die Folge: Impfstoff bleibt übrig und läuft ab. Deshalb seien kurzfristig im Kreis Höxter zahlreiche freiwillige Feuerwehrleute geimpft worden, um den Impfstoff nicht wegschmeißen zu müssen, berichtet Grothues. Probleme mit AstraZeneca Und noch etwas zeichnet sich ab: Weil nach den Vorgaben der Ständigen Impfkommission nur über 60-Jährige mit AstraZeneca geimpft werden sollen, könnten bald zahlreiche Impfdosen ungenutzt bleiben. &bdquo;Wir werden den Impfstoff immer schwerer los", prognostiziert Grothues. Zwar könnten sich unter 60-Jährige auch mit diesem Vakzin impfen lassen, allerdings ist die Haftung im extrem unwahrscheinlichen Fall von größeren Komplikationen schwierig. Es gebe bisher keine so umfassende Aufklärungsmöglichkeit, dass der Arzt aus seiner Haftung kommt. Deshalb verzichte er – Grothues – auf Empfehlung der Kassenärztlichen Vereinigung auf die Abgabe von AstraZeneca an Jüngere. Angriffe auf Mediziner Derweil sieht sich der Mediziner Jens Grothues aktuell schweren, wenngleich sehr detailliert geschilderten Vorwürfe ausgesetzt. Seine Antwort darauf ist deutlich und auch die Reaktion der Kassenärztlichen Vereinigung kommt prompt. Auf zwei Seiten führt ein anonymer Briefschreiber mehrere Fälle mit Namen, Alter und Funktion auf, in denen Grothues angeblich aus Gefälligkeit für Bekannte eine Corona-Impfung vorgenommen habe. Einige Vorwürfe liegen dabei schon Monate zurück. Zugleich wird dem ärztlichen Leiter einmal mehr vorgehalten, eine in Scherfede organisierte Impfaktion für ältere Menschen verweigert zu haben. Das Schreiben ging nicht nur an die Presse, sondern auch an die Bürgermeister mehrerer Städte im Kreis Höxter, die Staatsanwaltschaft sowie die Kassenärztliche Vereinigung Paderborn (KVWL), die für den medizinischen Teil der Corona-Impfkampagne im Hochstift die Verantwortung trägt. Große Enttäuschung Grothues macht keinen Hehl daraus, dass er enttäuscht über derartige Vorwürfe ist. Und er widerlegt im Gespräch mit nw.de alle Vorhaltungen ebenfalls detailliert. Auch KVWL-Chef Dr. Ulrich Polenz, der in dem Brief ebenfalls angegriffen wird, macht keinen Hehl daraus, dass er befremdet über das anonyme Schreiben ist. Schon der Ton, in dem es verfasst ist, ärgert ihn. &bdquo;Wie soll ich darauf reagieren? Ich habe weder die Möglichkeit, bei dem Briefschreiber nachzufragen, noch ihm zu antworten", sagt Polenz. Den an ihn gerichteten Vorwurf, er hätte bisher nicht &bdquo;im Interesse der Allgemeinheit" auf mögliches Fehlverhalten reagiert, weist er in aller Entschiedenheit zurück. &bdquo;Ich kann erst darauf reagieren, wenn ich davon Kenntnis erhalte." Inhaltlich seien mehrere Vorwürfe schon auf den ersten Blick völlig aus der Luft gegriffen, sagt Polenz. So hat Jens Grothues direkt beim Start der Impfkampagne Ende Dezember in Beverungen zwei Ehepaare unter 70 Jahren und deren Kinder beziehungsweise Schwiegerkinder geimpft. Aber: &bdquo;Direkt beim Start der Impfkampagne wurden wir davon völlig überrascht, dass sich mit einer Impfdosis Biontech-Impfstoff sechs statt der angekündigten fünf Impfungen durchführen lassen", erinnert Polenz. Das konnte, wenn an einem Tag ein ganzes Pflegeheim mit 250 Leuten durchgeimpft wurde, dazu führen, dass am Abend noch 50 Impfungen möglich waren. &bdquo;Und es gab immer die Forderung an uns, dass wir keinen Impfstoff verkommen lassen sollen und einfach wegschmeißen", betont Polenz. Eine Priorisierungsliste, wie mit diesen übrig gebliebenen Dosen zu verfahren ist, habe es aber erst ab Mitte Januar gegeben. Ein Problem, vor dem alle Impfärzte, unter anderem auch er selbst, gestanden hätten. Ein Fehlverhalten könne es an dieser Stelle deshalb nicht gegeben haben, weil es keine Regelungen für diesen Fall gab, hält Polenz ausdrücklich fest. Jens Grothues betont zudem, dass er als impfender Arzt nicht für die Einbestellung der Impflinge zuständig war. Diese Aufgabe habe das Beverunger Pflegeheim übernommen. Weitere Vorwürfe In einem weiteren Fall hatte sich eine 53-jährige Frau auf den Beverunger Arzt berufen und damit ihren Vorzugstermin im Impfzentrum begründet. Grothues betont ausdrücklich, dass er sehr viele Menschen kenne und niemanden bevorzuge. Dass sich jemand ohne sein Wissen auf ihn beruft, könne er nicht verhindern. Und auch die spontane Impfung des Dalhäuser Spielmannszuges vor wenigen Tagen erfolgte mit übrig gebliebenem Impfstoff , der sonst verfallen wäre. All das wird er auch KVWL-Chef Ulrich Polenz mitteilen, der um eine Stellungnahme gebeten hatte. Es gibt immer wieder Vorwürfe gegen Ärzte, sie würden gegen die Impfreihenfolge verstoßen. Auch die NW haben bereits mehrmals Hinweise erreicht, die sich im Nachhinein allerdings als falsch herausstellten. KVWL-Chef Ulrich Polenz weist darauf hin, dass es für diese Fälle ein offizielles Beschwerdemanagement bei der Kassenärztlichen Vereinigung gibt.

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