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Hameln/Lügde

Jugendamtsmitarbeiter haben Dauercamper Missbrauch nicht zugetraut

Der Hauptverdächtige sei nur als komischer Typ und ein bisschen verschroben beschrieben worden, sagt Hamelns Landrat Tjark Bartels.

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<span style="color: rgb(70, 79, 82); font-family: "Droid Sans", sans-serif; font-size: 13px;">Hamelns Landrat Tjark Bartels (SPD) muss sich im Landtag in Hannover verantworten.</span> | &copy; picture alliance

Hamelns Landrat Tjark Bartels (SPD) muss sich im Landtag in Hannover verantworten. | © picture alliance

21.03.2019 | 21.03.2019, 14:08

Hannover/Lügde (dpa/epd). Die Mitarbeiter des Jugendamtes Hameln haben dem Hauptverdächtigen im Fall des tausendfachen Kindesmissbrauchs in Lügde nach Angaben von Landrat Tjark Bartels (SPD) keine sexuellen Übergriffe zugetraut.

„Dass dieser Mensch das getan haben soll, konnten sich viele nicht vorstellen", sagte der Behördenchef am Donnerstag im Sozialausschuss des niedersächsischen Landtages in Hannover. Der 56-Jährige sei nur als „komischer Typ und ein bisschen verschroben" beschrieben worden.

Keine Reaktion auf Pädophilie-Hinweise

Bartels räumte erneut den Fehler ein, dass das Jugendamt trotz dreier Hinweise auf Pädophilie und möglichen sexuellen Missbrauch 2016 ein kleines Mädchen bei dem Dauercamper weiter wohnen ließ und ihm sogar die Pflegschaft Anfang 2017 übertrug.

Der Fall von jahrelangem Kindesmissbrauch und Kinderpornografie auf dem Campingplatz in Lügde im Kreis Lippe nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen hat sich zu einem Behördenskandal entwickelt. Es wird gegen Jugendamtsmitarbeiter und Polizisten ermittelt. Bislang gibt es mehr als 30 Opfer. Drei Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft.

Kinderschutzbund fordert Fehleranalyse

Der Kinderschutzbund Niedersachsen rät angesichts des mutmaßlich tausendfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Lügde zu einer grundlegenden Fehleranalyse in den Jugendämtern. Es sei offensichtlich, dass Fehler in den beteiligten Jugendämtern gemacht worden seien, sagte die Geschäftsführerin Antje Möllmann.

Da im Missbrauchsfall in Lügde auch die niedersächsischen Behörden involviert sind, ist laut Möllmann nun auch das Sozialministerium in Hannover gefragt, Konsequenzen zu ziehen. Ein für Herbst angekündigter Fachtag zu Jugendamt-Schutzsystemen müsse entsprechende Ergebnisse liefern.

Vorwurf der fehlenden Schutzkonzepte

Grundsätzlich bräuchten alle Institutionen, in denen sich Kinder aufhielten und in denen für Kinder gehandelt werde, interne Schutzkonzepte. Das gelte auch für die Jugendämter, sagte Möllmann: „Das heißt, es muss wirklich klar sein, welche Beschwerdestellen und welche Verfahrenswege es in Verdachtsfällen gibt."

Darüber hinaus bräuchten Jugendämter etwa Regeln für fachliche Begleitung. Es werde Aufgabe der Zukunft sein, daraus und aus vielen weiteren Aspekten ein sinnvolles System zu entwickeln.

Zunächst aber müssten die Fälle in Lügde in aller Offenheit aufgearbeitet werden, sagte die Geschäftsführerin. Es müsse geklärt werden, wo systemische Ursachen für Fehler lägen, wo also nicht nur einzelne Mitarbeiter versagt oder etwas falsch eingeschätzt hätten. Nur wenn alle Versäumnisse auf den Tisch kämen, könnten Lehren für die Zukunft gezogen werden: „Wir brauchen einen konstruktiven Umgang mit den Fehlern."


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