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Löhne

Nach homophober Beleidigung: Handball-Trainer setzt ein Zeichen für Vielfalt

Anfeindung: Wie Handballtrainer Zygfryd Jedrzej mit der homophoben Beleidigung eines Schiedsrichters umgeht. Als Zeichen für Toleranz trägt er bei einem Spiel eine Armbinde in Regenbogenfarben.

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20.03.2019 | 20.03.2019, 09:15
Gut sichtbar: Mennighüffens Trainer Zygfryd Jedrzej trägt beim Heimspiel gegen Soest eine Armbinde mit Regenbogenfarben – als Zeichen für Vielfalt und Toleranz - © Jürgen Krüger
Gut sichtbar: Mennighüffens Trainer Zygfryd Jedrzej trägt beim Heimspiel gegen Soest eine Armbinde mit Regenbogenfarben – als Zeichen für Vielfalt und Toleranz | © Jürgen Krüger

Hamm/Löhne. Anfang März ereignete sich in der Sporthalle in Hamm-Werries eine Szene, die es so in Deutschland wohl noch nicht gegeben hat. Es ist die 57. Minute im Handball-Oberligaspiel zwischen dem ASV Hamm-Westfalen II und dem VfL Mennighüffen.

Hamm führt haushoch, sportlich ist alles gelaufen. Da eskaliert plötzlich ein Streitgespräch zwischen Mennighüffens Trainer Zygfryd Jedrzej und Schiedsrichter Michael Schiwek derart, dass der Fall durchaus noch vor einem Zivilgericht landen könnte.

"Setz dich hin, du Schwuchtel"

Dabei soll der Schiedsrichter ausgerastet sein – normalerweise kennt man das eher andersherum. Nach einer Lappalie – VfL-Spieler Julian Peitzmeier soll bei einer Ballannahme im Seitenaus gestanden haben – geraten Schiedsrichter Schiwek und Trainer Jedrzej das erste Mal aneinander. „Du bist eine dumme, arme Sau", soll Schiwek zunächst zu Jedrzej gesagt haben. Das sorgte natürlich nicht gerade für eine entspanntere Atmosphäre auf der Mennighüffener Bank. Schiwek soll dann laut Zeugenberichten noch mit den Worten „Halt die Schnauze und setz dich hin, du Schwuchtel" nachgelegt haben.

Dass Schiwek das in etwa so gesagt hat, gilt mittlerweile als sicher. Mehrere Zeugen bestätigen die Aussage, unter anderem Journalist Andree Hagel, der vor Ort war und für diese Zeitung berichtete. Weitere Zeugen sind Mennighüffens Co-Trainer Georgios Triantafillou und Torwart Daniel Habbe. Mittlerweile liegt der Fall bei Hermann Mehlig, Schiedsrichterwart des Handballverbandes Westfalen. Der VfL Mennighüffen hatte einen Sonderbericht verfasst. Und da es sich um ein schwebendes Verfahren handelt, gibt es momentan keine weiteren Stellungnahmen.

Toleranz, Respekt, Vielfalt

Zygfryd Jedrzej möchte das Auftreten von Michael Schiwek trotz möglicher sportrechtlicher Konsequenzen nicht so stehen lassen und hält sich privatrechtliche Schritte vor. Außerdem setzte er am nächsten Spieltag ein Zeichen. Beim Heimspiel eine Woche später gegen Soest liefen seine Spieler mit einem Plakat ein, das für Toleranz und Respekt wirbt. Auch sein Verein steht hinter dieser Aktion. Außerdem trägt er während der gesamten Partie als sichtbares Zeichen die Armbinde in Regenbogenfarben, die als Zeichen der Schwulen und Lesben gilt. Für Jedrzej ist das Tragen der Armbinde das Symbol für Toleranz, Respekt und Vielfalt.

Der ein oder andere in der Mennighüffener Sporthalle glaubte, Jedrzej sei selbst schwul. „Sorry, ich muss euch enttäuschen – das stimmt nicht", entgegnete er. Der gebürtige Pole ist seit dreißig Jahren glücklich mit seiner Frau Violetta verheiratet. Er trug die Armbinde aus Solidarität mit der Szene. „Das ist meine Antwort auf diese bescheuerte Situation. Wir wollten zeigen, dass das, was er gemacht hat, eine Ohrfeige ist für die Werte, für die auch der Handball steht. In vielen Sporthallen stehen Banner für Respekt und Toleranz. Beide Werte sind Leitbild unserer gesamten Gesellschaft", meint Jedrzej.

Die Mannschaft habe mit der Aktion zeigen wollen, dass es so etwas im 21. Jahrhundert nicht mehr geben kann. „Ich finde es unerträglich und lasse es auch nicht zu, dass ein Mensch das Wort „Schwuchtel" als Schimpfwort gebraucht und ganze Menschengruppen herabwürdigt und beleidigt. Da kann man mal sehen, in welchen Schubladen manche heutzutage noch denken", sagt Jedrzej.

Entschuldigung bleibt aus

Schiedsrichter Michael Schiwek habe sich bislang noch nicht bei Jedrzej gemeldet, wie der 52-Jährige sagt. „Bis heute ist nichts gekommen. Ich hätte eine Entschuldigung erwartet. Dann wäre die Sache auch halbwegs gegessen. Wir sind alle im Sport und Emotionen gehören mit dazu. Aber es gibt Grenzen."

Der in Bad Salzuflen wohnende Physiotherapeut und Handballtrainer, der früher selbst unter anderem bei TuSEM Essen in der Handball-Bundesliga spielte, fordert für Michael Schiwek eine angemessene Strafe. „Wie wäre ich wohl bestraft worden, wenn ich ihm nach den verbalen Entgleisungen eine gescheuert hätte?", fragt Jedrzej rhetorisch und gibt zu: „Ich war kurz davor."