Augenzeuge der Irrfahrten

Bad Oeynhausen. Da: Schon wieder einer. Manfred Mohrmann steht am Küchenfenster und sieht den dicken Lastwagen mit osteuropäischem Kennzeichen über die Kreuzung von Kanalstraße und Brunnenstraße fahren. Der 70-Jährige sieht und hört die internationalen Brummis, die auch nach der Freigabe der Nordumgehung immer noch über die B 61 quer durch Bad Oeynhausen rollen, nicht nur, er zählt sie auch. Und ist dabei auf erstaunliche Werte gekommen. Ja, der Mann hat Zeit. &bdquo;Ich bin ja Rentner. Die Kinder sind groß", sagt Mohrmann, der mit seiner Frau das kleine Fachwerkhaus direkt an der Kreuzung bewohnt. Und so beobachtet er das Verkehrsgeschehen vor seiner Haustür, oft vom Fenster aus, oft aber auch direkt an der Kreuzung. So dicht dran, kann Mohrmann dann auch feststellen, woher die Sattelschlepper kommen. Auf Polen und Russland, die Ukraine und Litauen und oft auch auf die Niederlande verweisen die Kennzeichen. Bilder zeigen eine Endlosschlange Natürlich hat der Verkehr abgenommen seit dem 9. Dezember 2018, dem Tag, an dem die Nordumgehung für den Verkehr freigegeben wurde. Das sieht auch Mohrmann, der im Dezember im ersten Konvoi mitgefahren ist, der über die Nordumgehung rollte. Und der auch den Status quo vor der Freigabe festgehalten hat. Mit seiner Kamera. &bdquo;Seit über 50 Jahren ist Filmen mein Hobby", sagt der Rentner. Und so hielt er bewusst auch den Verkehr im bewegten Bild fest, der noch im Oktober und November auf der Kanalstraße unterwegs war. Die Videosequenzen sind meist nur 50 Sekunden lang. &bdquo;So lange dauert die Grünphase für die Kanalstraße", weiß Mohrmann. Die Bilder zeigen dann eine Endlosschlange von Lastwagen, Stoßstange an Stoßstange. Das ist seit Eröffnung der Nordumgehung Geschichte. &bdquo;Es ist sehr viel ruhiger geworden auf der Kanalstraße", bestätigt Mohrmann. Er hat aber den Verdacht, dass weit mehr Lastwagen die Straße nutzen als es eigentlich sein müssten. Und so hat er in den vergangenen drei Monaten immer wieder stichprobenartig die Lastwagen gezählt. 100 Lastwagen in einer Stunde Meist nur zehn oder 15 Minuten lang, aber zu unterschiedlichsten Tageszeiten. Und dann hochgerechnet. Auf 100 Lastwagen in der Stunde kommt er fast immer. &bdquo;Zwischen morgens 6 Uhr bis 18 Uhr sind das mindestens 1.000 Lastwagen", versichert Mohrmann. Seine Nachbarin Brinette Gließmann, die noch ein paar Meter dichter an der Kanalstraße wohnt, bestätigt den Eindruck, hat aber selbst nicht gezählt. &bdquo;Viele Lkw-Fahrer fahren sehr langsam, als wenn sie unsicher sind, wo es langgeht", hat sie beobachtet. Und fragt: &bdquo;Ja, wo wollen die denn wohl hin?"Eine Frage, der Mohrmann – im wahrsten Sinne – nachgegangen ist. &bdquo;Ich habe mir schon ein paar Mal den Spaß gemacht und bin den Lastwagen hinterher gefahren", berichtet er. Straßen NRW weiß keine Lösung Erst neulich hat er verfolgt, wie drei Lastwagen im Konvoi in Gohfeld abfuhren und dann über die Werster Straße zur Autobahnauffahrt nach Löhne fuhren. &bdquo;Etliche Lastwagen, aber auch Personenwagen, landen aber auch im Löhner Gewerbegebiet bei Hermes", weiß Mohrmann. Dorthin führt der Weg zwangsläufig alle, die an der Ausfahrt Gohfeld vorbeigefahren sind. Mohrmann und Gließmann sind sicher, die Wurzel der Irrfahrten zu kennen. &bdquo;Die Fahrer nehmen von der A 2 kommend nicht den richtigen Weg auf die Nordumgehung", sind sie überzeugt.Eine Einschätzung, die Sven Johanning, Pressesprecher von Straßen NRW, teilt. &bdquo;Ja, es gibt diese Fahrer", sagt er. Und auch er hat sie schon auf ihren Irrfahrten bis zum Hermes-Logistikzentrum verfolgt. Veraltete Navigationssysteme Von dem Vorschlag, die Richtungshinweise auch in Kyrillisch an der A 2 zu geben, hält er wenig. &bdquo;Den Hinweis Amsterdam müssten sie doch verstehen", überlegt er. &bdquo;Diese Fahrer verlassen sich stumpf auf ihre veralteten Navigationssysteme und achten überhaupt nicht auf die Beschilderung", vermutet Johanning. &bdquo;Denen können wir nicht helfen." Mohrmann aber ist sicher: Das Problem der irregeleiteten Lkw-Fahrer wird nicht aufhören, wenn das Löhner Kreuz fertig ist. &bdquo;Dann müsste die Durchfahrt für Lastwagen auf Mindener und Kanalstraße verboten werden", so Mohrmanns Überlegung.

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