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Smartphone-Verbot für Kinder? NRW-Familienministerium sieht das kritisch

Julia von Weiler, Internetexpertin im Fachbeirat des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, fordert ein Verbot von Smartphones für Kinder unter 14.

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Eine Expertin fordert, Smartphones für Kinder unter 14 Jahren zu verbieten. | © picture alliance / Sven Hoppe/dpa

Eine Expertin fordert, Smartphones für Kinder unter 14 Jahren zu verbieten. | © picture alliance / Sven Hoppe/dpa

16.02.2019 | 16.02.2019, 21:39

Berlin/Düsseldorf. Julia von Weiler, eine im Fachbeirat des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung tätige Internetexpertin, hat ein Smartphone-Verbot für unter 14-jährige Kinder gefordert. "Wie wir Kinder vor Alkohol oder anderen Drogen schützen, sollten wir sie auch vor den Risiken einer zu frühen Smartphonenutzung schützen", sagte sie gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Von Weiler ist auch Geschäftsführerin des Vereins Innocence in Danger, einer weltweiten Bewegung gegen sexuellen Missbrauch von Kindern. Sie verwies darauf, dass die Zahl der Grundschüler, die Sexvideos und Nacktbilder von Gleichaltrigen verbreiten, steige. "Täter und Opfer werden immer jünger: Wir reden heute schon über Neun- bis Elfjährige, die pornografische Bilder oder Selbstbefriedigungsvideos von Gleichaltrigen verbreiten."

"Mit dem Internetzugang über das Smartphone geben wir den Kindern etwas in die Hand, dessen gigantische Folgen sie überhaupt noch nicht abschätzen können", sagte von Weiler. Sie forderte deshalb, den Jugendschutz entsprechend auszudehnen.

Missbrauchsbeauftragter regt "digitalen Führerschein" an

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, ist der Meinung, eine Altersbegrenzung löse nicht das Grundproblem des fehlenden Schutzes im Netz. Rörig sagte, er wolle darüber diskutieren, was sinnvolle Altersgrenzen für die Nutzung von Smartphones seien. Er regte zudem einen "digitalen Führerschein" für Kinder an, der genauso präventiv wirken könne wie Verkehrsunterricht oder Schwimmunterricht.

Das Familienministerium des Landes NRW äußert sich auf NW-Anfrage kritisch zu dem Vorschlag, Kindern die Nutzung von Smartphones zu verbieten. Die bedenkliche Verbreitung von pornografischen Inhalten zwischen Jugendlichen sei kein neues Phänomen. Smartphones deshalb zu verbieten, sei jedoch kein geeignetes Instrument, diesem Phänomen zu begegnen, heißt es aus dem Ministerium.

"Zum einen weist die Smartphonenutzung an sich nicht grundsätzlich ein so hohes Gefährdungspotential für Kinder unter 14 Jahren auf, als dass der Staat hier zugunsten des Jugendschutzes per Gesetz in andere Grundrechte, insbesondere das elterliche Erziehungsrecht, eingreifen kann", teilt das Ministerium mit. Stattdessen gelte es, diesem Phänomen mit umfassenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes zu begegnen.

Das Land NRW fördere bereits seit Jahren entsprechende Angebote. Dazu zähle zum Beispiel das Projekt „Elterntalk NRW", welches von der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendschutz NRW durchgeführt wird.

Jugendliche sollen sich "sicher, souverän und selbstbewusst" in der digitalen Welt bewegen

Auch der IT-Verband Bitkom hält nichts von einem Smartphone-Verbot für Kinder. "Verbote sind keine Antwort auf die Digitalisierung", sagt Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. "Wer schwarz-weiß denkt und Handys einfach verbieten will, macht es sich zu einfach", sagte Rohleder dem Handelsblatt. Kinder und Jugendliche sollten aus seiner Sicht frühzeitig lernen, verantwortungsvoll mit Handys umzugehen und sich sicher, souverän und selbstbewusst in der digitalen Welt zu bewegen.

Den Trend, schon im Kindesalter pornografisches Material zu verbreiten, bestätigen auch polizeiliche Ermittler. „Die Zahl der Anzeigen in diesem Bereich ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen", sagt Judith Dobbrow vom Landeskriminalamt Berlin. Die Ermittler seien inzwischen im Schnitt alle zwei Wochen in einer Schule, um dort einer solchen Anzeige nachzugehen. „Seit jedes Kind ein Smartphone hat, werden auch die Tatverdächtigen immer jünger."

Mit Informationen von dpa und AFP.


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