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Unglück auf Madeira

So (un)sicher sind Busreisen

Nach dem schweren Busunfall auf Madeira geht die Suche nach den Ursachen weiter. Ist das Reisen mit dem Bus gefährlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten

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Urlaub: Im Vergleich zur Reise mit dem eigenen Auto ist die Busfahrt sehr sicher. | © picture alliance / dpa

Urlaub: Im Vergleich zur Reise mit dem eigenen Auto ist die Busfahrt sehr sicher. | © picture alliance / dpa

19.04.2019 | 19.04.2019, 08:46

Immer wieder machen schwere Busunglücke Schlagzeilen. Ein Beispiel: 2017 verbrannten 19 Businsassen auf der A9, als ihr Bus in ein Stauende krachte. Ist das Reisen mit dem Bus gefährlich?
Überhaupt nicht, versichert der Internationale Bustourismus-Verband RDA, und Zahlen geben ihm Recht: Nach einer Aufstellung der Allianz pro Schiene kamen im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2017 in Deutschland pro einer Milliarde Personenkilometer 0,17 Buspassagiere ums Leben. Das ist mehr als im Bahnverkehr (0,035 Tote pro einer Millionen Kilometer), aber weniger als ein Zehntel so viel wie im Auto (1,97 Tote).

2017 gab es laut Statistischem Bundesamt 5.873 Bus-Unfälle, dabei starben 22 Menschen, 6.100 wurden verletzt. Allerdings saßen die allermeisten Betroffenen in einem Linienbus, nur 3,7 Prozent in einem Reisebus. RDA-Sicherheitsbeauftragter Johannes Hübner sagt: „Der Reisebus das sicherste Straßenverkehrsmittel. Wenn aber etwas geschehe, „betrifft dies meist viele Fahrgäste" – ein Grund für die hohe Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.

Es wird spekuliert, ein Ausfall der Bremsen könne die Unfallursache sein. Wie sieht es mit der technischen Zuverlässigkeit der Fahrzeuge aus?
In der EU muss jeder Bus jährlich zum TÜV. Laut TÜV Bus-Report 2018 wurden 2016 und 2017 insgesamt 50.000 Linien- und Reisebusse in Deutschland überprüft. Immerhin 15,3 Prozent hatten erhebliche Mängel – das sind allerdings über 3 Prozent weniger als noch zwei Jahre zuvor. Fazit des TÜV Rheinland: „Die technische Sicherheit von Bussen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert".

Auch im europäischen Ausland sei der Standard nicht schlechter, sagt RDA-Vertreter Hübner. Europaweit gälten die gleichen Sicherheitsvorschriften. Auch der Unglücksbus sei in gutem Zustand gewesen, soweit man das bisher beurteilen könne, heißt es vom Verband. Er sei gerade 5 Jahre alt gewesen "und hat alle technischen Überwachungen erfolgreich bestanden". Die portugiesische Firma SAM, die die Fahrt organisiert habe, sei zudem "gut beleumundet".

Wie wird die Zuverlässigkeit der Fahrer überprüft?
Europaweit gelten auch hier einheitliche gesetzliche Standards, wie der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen berichtet: Der Führerschein ist auf 5 Jahre befristet und muss dann verlängert werden - was nicht ohne verpflichtende Weiterbildung und einen Gesundheitscheck funktioniert. Nach viereinhalb Stunden Fahrt muss der Fahrer 45 Minuten Pause machen, dann darf er noch mal viereinhalb Stunden fahren, dann muss er neun Stunden Pause machen.

Ob diese Lenkzeiten auch eingehalten werden? Manche Polizei-Kontrolle lässt daran zumindest zweifeln. So hatten beispielsweise 9 von 14 Fernbus-Fahrer, die die Polizei im Juli 2018 am Omnibusbahnhof Hannover überprüfte, Lenkzeiten überschritten oder die Fahrtenschreiber gar nicht erst eingeschaltet. In Madeira allerdings gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass der Fahrer, der ebenfalls verletzt wurde, übermüdet gewesen ist. Der 55-Jährige habe  viel Berufserfahrung, hieß es in portugiesischen Medien.

Was können Passagiere selbst für ihre Sicherheit tun?
Hübner empfiehlt, sich vor dem Einsteigen selbst ein Bild zu machen. Mit einem Blick ließen sich offensichtliche Mängel wie abgerissene Spiegel erkennen, auch ein Blick aufs Reifenprofil sei wichtig. Auch der ADAC rät Touristen, bei auffällig mangelhaftem Zustand von Bussen auf ihren Instinkt zu hören und nicht einzusteigen. Dies gelte auch, wenn der Fahrer einen unkonzentrierten Eindruck mache, sagte ADAC-Sprecher Johannes Boos.

Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, betont die Bedeutung des Sicherheitsgurts: „Leider nutzen viel zu wenige Passagiere den Gurt. Der Busfahrer kontrolliert das nicht und kann es während der Fahrt auch gar nicht. Gurte sind aber überlebenswichtig." Seit 1999 gilt eine Anschnallpflicht in Reisebussen, seit 2006 in ganz Europa. Seitdem sind auch alle Neu-Fahrzeuge mit Gurten ausgerüstet, eine Nachrüstung für ältere Fahrzeuge ist allerdings nicht vorgeschrieben.

(mit Material von dpa)

„Die Busse im europäischen Ausland sind nicht schlechter aufgestellt als in Deutschland", sagt Hübner.