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So reagiert das Paderborner Jugendamt auf den Missbrauchsskandal in Lügde

Die Missbrauchsfälle in Lügde schlagen auch in Paderborn Wellen. Fühlt sich der Kinderschutzbund mit seinen Hinweisen ernst genommen?

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Kindesschutz: In Paderborn gab es 2017 laut Sozialdezernent Wolfgang Walter 27 Fälle, in denen Kinder vom Jugendamt in Obhut genommen wurden. Dafür muss eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. | © Felix Vogel/ picture alliance (Symbolbild)

Kindesschutz: In Paderborn gab es 2017 laut Sozialdezernent Wolfgang Walter 27 Fälle, in denen Kinder vom Jugendamt in Obhut genommen wurden. Dafür muss eine Kindeswohlgefährdung vorliegen. | © Felix Vogel/ picture alliance (Symbolbild)

26.03.2019 | 26.03.2019, 13:45

Paderborn. Seit Wochen jagt im Missbrauchsskandal in Lügde eine Schreckensnachricht die nächste. Ein großes Thema dabei: Das Versagen von Polizei und Jugendamt. Es hat das Paderborner Jugendamt dazu veranlasst, seine Arbeitsweise zu überprüfen. Auch der Kinderschutzbund reflektiert seine Strukturen.

"Bei Missbrauchsfällen dieses Ausmaßes sollten bei allen Jugendämter die Alarmglocken läuten", findet Sozialdezernent Wolfgang Walter. Daher habe das Paderborner Jugendamt alle Verfahren überprüft, die mit der Genehmigung von Pflegeverhältnissen zusammenhängen. Nach der internen Überprüfung habe man keine Notwendigkeit gesehen, etwas zu verändern.

Im vergangenen Jahr kamen 27 Kinder nach einer sogenannten Inobhutnahme in eine Bereitschaftspflege. Daraus können laut Walter Pflegeverhältnisse entstehen, müssen sie aber nicht. Wenn das Jugendamt eine solche Inobhutnahme beschließt, muss nicht zwingend ein Kindesmissbrauch vorliegen. Auch Vernachlässigung, Gewalt oder Suchtprobleme können Gründe dafür sein.

Es gibt in Paderborn keinen alleinstehenden Pflegevater

Zudem wurde im Jugendamt der Umgang mit Verdachtsfällen von Kindesmissbrauch überprüft: "Wenn ein Missbrauchsverdacht geäußert wird, setzt das ein geregeltes Verfahren in Gang", so Walter. Als Reaktion auf die Missbrauchsfälle in Lügde habe die Stadt nach möglichen Fehlerquellen gesucht. "Wir haben uns genau angeschaut, wie die Strukturen in Fällen von potenzieller Kindeswohlgefährdung sind und ob wir dort etwas ändern müssen. Das ist nicht der Fall", sagt Walter. Das Paderborner Jugendamt wird die ständigen Kontrollen fortsetzen, so der Sozialdezernent.

Die Gefahr, dass wie in Lügde Akten frisiert werden, beunruhigt Wolfgang Walter nicht. Aufgrund der EDV-basierten Daten könne kein Mitarbeiter etwas verändern. Das würde auffallen, weil es nachverfolgbar sei.

Begünstigt wurden die Missbrauchsfälle in Lügde dadurch, dass einer der mutmaßlichen Täter eine Pflegetochter bekam. So konnte er auch Kontakte zu anderen Kindern knüpfen. Diese Konstellation gibt es laut Wolfgang Walter in Paderborn nicht: "Abgesehen von Verwandtenbetreuung ist es sehr ungewöhnlich, dass alleinstehende Personen ein Pflegekind betreuen." In den vergangenen Jahren habe es im Paderborner Jugendamt nur einen Fall gegeben, indem eine Einzelpflege genehmigt wurde. Alleinstehende Männer, die Pflegeväter werden, gebe es in Paderborn nicht.

Jugendamt steht in Kontakt mit Ansprechpartnern

Ebenfalls selten ist laut Walter, dass ein Kind wegen einer Kindeswohlgefährdung die Pflegefamilie verlässt. "In den vergangenen drei Jahren kam das nur ein Mal vor", sagt Walter.

In Bezug auf das Kindeswohl spielt auch der Paderborner Kinderschutzbund eine wichtige Rolle. Der Verband versteht sich als Lobby für Kinder und meldet Verdachtsfälle an das Paderborner Jugendamt.

"Wir fühlen uns mit unseren Hinweisen sehr ernstgenommen vom Jugendamt", sagt Monika Grobe, Diplom-Sozialpädagogin am Freien Beratungszentrum. Das Freie Beratungszentrum sucht die Ehrenamtlichen des Kinderschutzbundes aus, schult sie und überprüft Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung. "Solche Fälle nehmen wir sehr ernst", betont Grobe. Bestätigt sich der Verdacht, komme es auf den Einzelfall an, doch das Jugendamt werde umgehend benachrichtigt.

Der Missbrauchsskandal in Lügde ist, so Monika Grobe, im Kinderschutzbund und im Freien Beratungszentrum viel diskutiert worden. "Ich habe aber keinen Schreck in Bezug auf unsere Arbeitsstrukturen bekommen", sagt sie. Besonders gut sei die engmaschige Absprache zwischen Ehrenamtlichen, Psychologen und Sozialpädagogen des Freien Beratungszentrums sowie den Familien.